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ErbschaftsteuerNachlassverbindlichkeiten durch Kosten für ein Grabdenkmal
| Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind u. a. die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig (BFH 1.9.21, II R 8/20). |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines verstorbenen Bruders (Erblasser). Beide sind muslimischen Glaubens. Der Erblasser wurde im Jahr 2017 bestattet. Die vom Kläger getragenen Kosten für das Grabdenkmal dieser Bestattung betrugen 9.300 EUR. Das FA setzte Erbschaftsteuer fest. Der Bescheid erging vorläufig i. S. des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO hinsichtlich der Erbfallkosten, insbesondere der Kosten für ein Grabdenkmal, da der Kläger voraussichtliche Kosten für ein noch zu errichtendes Mausoleum geltend gemacht hatte.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens, in dem der Kläger unter Vorlage eines Bauvertrags für die Errichtung eines Mausoleums 420.000 EUR als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen wollte, setzte das FA die Erbschaftsteuer herab. Hierbei ließ es (neben Bestattungskosten und Grabpflegekosten) erstmals Kosten für ein Grabdenkmal i. H. von 9.300 EUR als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu. Die Kosten für das Mausoleum brachte es nicht zum Abzug. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und hob den Vorläufigkeitsvermerk auf. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG als unbegründet ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass in Fall nur die Kosten für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zum Abzug zuzulassen sind. Ob und in welcher Höhe die Kosten für das zweite Grabdenkmal im Streitfall abziehbar sind, vermochte der Senat auf Grundlage der Feststellungen des FG nicht zu beurteilen.
Grundsätzlich sei zwar davon auszugehen, dass zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG nur die Aufwendungen für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal zählen.
Allerdings seien Konstellationen denkbar, in denen entweder aufgrund der äußeren Umstände oder aufgrund des insofern maßgeblichen Willens des Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise seiner Bestattung und des Orts der letzten Ruhestätte der Verstorbene zunächst in einem Grab bestattet wird, das lediglich eine provisorische Zwischenlösung darstellt. Wenn dann im Anschluss Kosten für eine zweite Grabstätte entstehen, in der der Tote die nach seinen Vorstellungen letzte Ruhe finde, komme ein Abzug als Nachlassverbindlichkeiten in Betracht. Kosten für das von vornherein als endgültige Ruhestätte geplante Grabdenkmal seien in einem solchen speziellen Fall abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sein. Voraussetzung sei jedoch, dass bereits bei Errichtung des ersten Grabdenkmals dieses offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt gewesen sei. Insoweit trage der Erbe für diese für ihn steuergünstige Ausnahme die Darlegungs- und Feststellungslast.
Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG seien außerdem nur die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal abzugsfähig. Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richte sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend sei, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.
Erläuterungen
Aus dem vom Kläger abgeschlossenen Vertrag zur Errichtung des Mausoleums ergab sich keine Verpflichtung i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, die vom Erblasser herrührte.
Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind jedoch die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten auch abzugsfähig, wenn diese Verpflichtung nicht durch den Erblasser begründet wurde.
Der entsprechende Vertrag wurde —wie das FG zutreffend ausführt— erst ca. zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers geschlossen. Die aus diesem Vertrag resultierenden Verbindlichkeiten rühren nicht mehr vom Erblasser her. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dazu nur die Aufwendungen für das zuerst errichtete Grabdenkmal zählen. Allerdings ist nach der Besprechungsentscheidung dann, wenn der Verstorbene zunächst in einem Grab bestattet wird, das lediglich eine provisorische Zwischenlösung darstellen soll, ein Abzug weiterer Verbindlichkeiten zulässig. Entstehen dann im Anschluss Kosten für eine zweite, endgültige Grabstätte, können auch diese Kosten abgezogen werden.
Eine andere Frage ist die Angemessenheit. Ob das Grabdenkmal angemessen i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ist, muss das Finanzamt und ggf. das Finanzgericht unter Würdigung aller Tatsachen im Einzelfall ermitteln. In vielen Fällen werden die Kosten mit dem Ansatz der im Gesetz vorgesehenen Pauschale von 10.300 € abgedeckt sein. Wenn die Kosten – wie im Besprechungsfall - höher sind, muss der Erbe die Angemessenheit dartun und nachweisen. Ergibt die Würdigung im Einzelfall, dass die nachgewiesenen Kosten für ein Grabdenkmal die Angemessenheit übersteigen, ist der Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG auf den Teil beschränkt, der den angemessenen Kosten entspricht.
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