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Editorial Januar 2025Appell an die Beraterzunft: Stiftungsreife bedeutet auch Wissen um die Stetigkeit des Stifterwillens

Abo-Inhalt 08.01.2025 2 Min. Lesedauer

„Die Stiftungsorgane haben bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen Behörden haben bei der Aufsicht über die Stiftung den bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommenen Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Stifters zu beachten.“ So lautet der neue § 83 Abs. 2 BGB. Das war schon bisher absolut herrschende Meinung. Der Stifterwille bei Errichtung der Stiftung, wie er sich insbesondere in der Stiftungssatzung manifestiert und dokumentiert, bleibt also auch in der Folgezeit vor allem für die Stiftungsorgane und eben auch für die Stiftungsaufsicht maßgeblich.

Das ist neben dem Grundsatz der Vermögenserhaltung (§ 83c Abs. 1 BGB) einer der ganz wesentlichen Grundsätze für die rechtsfähige Stiftung. Dementsprechend wird dazu bei Errichtung einer Stiftung in aller Regel ganz ausführlich beraten – jedenfalls dann, wenn nicht etwa durch selbst ernannte „Stiftungspäpste“ Stiftungslösungen von der Stange verkauft werden (siehe schon Schiffer, SB 2011, Seite 41). Wie aber spielt das Leben?

Ein Stifter/eine Stifterin hat sich entschlossen, sein/ihr ganzes Vermögen in eine Stiftung zu geben, bspw. weil der Partner verstorben und die Kinder aus dem Hause sowie versorgt sind. Er/sie hat nur noch einen gewissen Betrag für den Lebensunterhalt zurückbehalten. Nun ändert sich das Leben. Der Stifter/die Stifterin lernt eine neue Lebenspartnerin/einen neuen Lebenspartner kennen. Eigentlich braucht er/sie nun das Geld aus der Stiftung. Oder: Der Stifter/die Stifterin sah eine unternehmensverbundene Stiftung als perfekte Lösung zur Regelung seiner Unternehmensnachfolge, denn er war mit seinen Kindern zerstritten und hatte keinen Nachfolger gefunden. Nun hat er sich mit seinem ältesten Kind versöhnt und sieht es anstelle der Stiftung als geeigneten Gesellschafter für das Familienunternehmen.

Das sind nur zwei kleine, hier typisiert vorgetragene Beispielsfälle. Sie zeigen, wie sich Lebenssachverhalte ändern und etwaige Grundlagen für den Ansatz einer Stiftung schwinden können. Die Stiftung bleibt aber die Stiftung. Der damalige Stifterwille bleibt der damalige Stifterwille. Änderungen sind hier, wenn sie nach der Stiftungssatzung nicht ausnahmsweise möglich sind, nur schwer bis kaum machbar. Auch diese Erkenntnis gehört zur vielfach angesprochenen „Stiftungsreife“ (Schiffer, SB 2017, Seite 111).

Für die Beraterzunft bedeutet das, immer sicherzustellen, dass auch dieser Aspekt bei der Beratung zu einer Stiftung ganz deutlich gemacht wird. Er lässt sich ggf. sogar in der Präambel der Stiftungssatzung sehr deutlich für alle Beteiligten festhalten.

Bleiben wir also immer möglichst deutlich in unserer Beratung. Und für Sie, liebe Leserinnen und liebe Leser, gilt: Haben Sie ein gutes neues Jahr!

Herzlichst, Ihr

Karl Jan Schiffer

ID: 50276327

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