VertragsrechtHausarztzentrierte Versorgung: Rechtsbeziehungen und rechtliche Stolpersteine
| Die hausarztzentrierte Versorgung (HzV) ist seit vielen Jahren etabliert. Sie ersetzt und ergänzt im Praxisalltag die Versorgung im vertragsärztlichen System. Die KVen sind nicht beteiligt und die Vergütungssystematik außerhalb des EBM ist attraktiv. Rechtliche Auseinandersetzungen der Hausärzte mit den Beteiligten sind selten, weshalb es auch nur wenige gerichtliche Entscheidungen zur HzV gibt. Kürzlich ist jedoch eine sozialgerichtliche Entscheidung ergangen, mit der die Rechtsbeziehungen zwischen den an der HzV beteiligten Krankenkassen, dem Hausärzteverband und von ihnen einbezogenen Partnern sowie den Hausärzten beleuchtet wurden (Beschluss des Landessozialgerichts [LSG] Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2023, Az. L 11 KA 13/22 B ER). |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Das LSG hatte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über einen Fall der HzV zu entscheiden. Das vom Hausärzteverband mit der Abrechnung beauftragte Rechenzentrum hatte einem an der HzV teilnehmenden Hausarzt die Teilnahme am HzV-Vertrag gekündigt. Anlass für die Kündigung waren zwei Vorwürfe:
- Zum einen habe der Hausarzt Leistungen sowohl gegenüber der KV als auch als HzV-Leistung doppelt abgerechnet.
- Zum anderen habe er die für die Abrechnung psychosomatischer Leistungen nötigen Qualifikationsnachweise nicht geliefert und daher solche Leistungen fehlerhaft abgerechnet.
Der Hausarzt wandte sich dann an die Sozialgerichtsbarkeit und stritt um die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Er räumte die vorgeworfenen Abrechnungsfehler ein, verwies aber darauf, dass er nicht schuldhaft gehandelt habe und die Kündigung deshalb unzulässig sei. Damit der Hausarzt nicht erst selbst im Fall eines Erfolgs im Klageverfahren nach mehreren Jahren wieder an der HzV teilnehmen könnte, wollte er die Kündigung seiner HzV-Teilnahme im Eilrechtsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erstreiten.
Entscheidungsgründe
Die begehrte einstweilige Anordnung erlangte der Hausarzt nicht. Das Gericht hielt eine solche vorläufige Entscheidung für nicht notwendig, weil es dem Hausarzt zuzumuten sei, den Ausgang des eigentlichen Klageverfahrens abzuwarten. Das Hauptargument dafür war, dass der Hausarzt seine Leistungen für die Patienten im System der Regelversorgung erbringen und von der KV vergütet erhalten könne. Er habe also keine schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen zu erwarten.
Das Gericht kam außerdem zum Ergebnis, dass der Hausarzt sein Ziel im konkreten Verfahren ohnehin nicht erreichen könne, weil er dieses gegen die Krankenkasse geführt hat. Er hätte sich vielmehr gegen den Hausärzteverband oder das von jenem beauftragte Rechenzentrum wenden müssen.
Rechtsbeziehungen in der HzV
Das Gericht begründet dieses Ergebnis mit den Rechtsbeziehungen in der HzV. Der Hausärzteverband und die Krankenkassen sind Vertragsparteien des Vertrags über die HzV. Der Hausarzt selbst ist aber kein Vertragspartner, sondern nur Teilnehmer an der HzV. Die Rolle des Hausärzteverbands fasst das Gericht so zusammen, dass er die Teilnahme der Hausärzte an dieser Versorgung organisiere und für diese die Abrechnung der HzV-Vergütung gegenüber den Krankenkassen übernehme.
Der Hausärzteverband ist im Zusammenhang mit dem Abschluss, der Durchführung und Beendigung dieses HzV-Vertrags zur Abgabe und zum Empfang von Willenserklärungen von Hausärzten und zur Vornahme und Entgegennahme von rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen mit Wirkung gegenüber sämtlichen HzV-Partnern bevollmächtigt. Die Krankenkassen sind ihrerseits allein aufseiten der Versicherten zur Organisation verpflichtet. Einziger unmittelbarer rechtlicher Berührungspunkt von Hausärzten und Krankenkassen ist es, dass die Hausärzte ihren Vergütungsanspruch direkt gegen die Krankenkassen haben. Spiegelbildlich können die Krankenkassen Rückforderungen unmittelbar gegen die Hausärzte geltend machen.
Ausgabe: 03/2024, S. 15 · ID: 49924265
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