Vertragsarztrecht/StrafrechtBetrugsschaden „nur“ 804 Euro statt 1,2 Mio. Euro!
| Täuscht ein Vertragsarzt bei der quartalsweisen Abrechnungssammelerklärung über klar abgrenzbare Honorarbestandteile ärztlicher Leistungen, so ist für die strafrechtlich relevante Höhe des Betrugsschadens nur die Summe der abgerechneten „Luftleistungen“ und nicht das gesamte Honorarvolumen aller betroffenen Quartale relevant, so das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (Urteil vom 10.04.2024, Az. 1 Ws 80/24). |
Sachverhalt und Entscheidung
Der angeklagte Vertragsarzt hatte in fünf Quartalen in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 37 Corona-Schutzimpfungen gegen Covid-19 im Wege der quartalsweisen Sammelerklärungen gegenüber seiner KV abgerechnet, ohne diese durchgeführt zu haben. Für diese Impfungen, die nach der jeweils geltenden Corona-Impf-Verordnung anfangs mit jeweils 20 Euro, später mit jeweils 28 Euro vergütet wurden, ließ der Vertragsarzt sich von den Patienten jeweils ein Honorar von 50 Euro zahlen und bescheinigte ihnen dann die angebliche Durchführung in deren Impfpässen. Die Staatsanwaltschaft berechnete den entstandenen Betrugsschaden mit dem Gesamthonorar, was der Vertragsarzt in allen betroffenen Quartalen aufgrund seiner Sammelerklärung erhalten hatte – knapp 1.200.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft beantragte aufgrund dieser Summe die Durchführung des Strafverfahrens bei dem für derartige Schadenshöhen zuständigen Landgericht. Das Landgericht eröffnete das Strafverfahren jedoch „nur“ vor dem Amtsgericht, da der Schaden anhand der tatsächlich zu Unrecht abgerechneten „Luftleistungen“ zu berechnen sei.
Das OLG bestätigte das Vorgehen des Landgerichts und den Vermögensschaden von lediglich 804 Euro statt rund 1,2 Mio. Euro. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Schadensbestimmung beim Abrechnungsbetrug anhand der sogenannten streng formalen Betrachtungsweise ergebe nichts anderes.
Ausgabe: 09/2024, S. 16 · ID: 50131966
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