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Stromsteuer, Netzentgelte und GasspeicherumlageAktuelle Maßnahmen zur Senkung der Stromkosten für Verbraucher und Unternehmen

Leseprobe04.11.202575 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

| Das Bundeskabinett hat am 3.9.25 Entlastungen bei den Strompreisen auf den Weg gebracht. Dafür ist ein Zuschuss in Milliardenhöhe vorgesehen. Was bedeuten die geplanten Änderungen für private Verbraucher und Unternehmen? BBP gibt einen Überblick. |

1. Hintergrund

In Deutschland setzt sich der Strompreis im Wesentlichen aus drei Hauptkostenblöcken zusammen:

  • Beschaffung und Vertrieb
  • Netzentgelte
  • Steuern, Abgaben und Umlagen

Bei Haushaltskunden wird der Strompreis zu mehr als 50 % durch Netzentgelte, Steuern (Umsatzsteuer, Stromsteuer), weitere (Konzessions-)Abgaben und Umlagen bestimmt.

Aufgrund der hohen Kosten für Steuern, Abgaben und Netzentgelte gehört Deutschland aktuell zu den Ländern mit den höchsten Strompreisen für private Haushalte weltweit und in der EU. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland im Jahr 2025 Platz 5 mit durchschnittlich 38 Cent/kWh, während der weltweite Durchschnitt deutlich niedriger liegt. Auch die Industriestromkosten in Deutschland gehören im internationalen Vergleich zu den höchsten in Europa, liegen im weltweiten Vergleich jedoch im durchschnittlichen Mittelfeld. Aus diesem Grund will die Bundesregierung mit einem Maßnahmenpaket die Kosten für Verbraucher und Unternehmen senken. Ab 2026 soll die Gasspeicherumlage entfallen, die Stromsteuer soll dauerhaft gesenkt und die Netzentgelte sollen vom Bund bezuschusst werden. Insgesamt sollen – zusammen mit der Abschaffung der Gasspeicherumlage – Bürger und Unternehmen im nächsten Jahr um etwa 10 Mrd. EUR entlastet werden – und zwar zusätzlich zur bereits bestehenden Entlastung von 17 Mrd. EUR durch die Übernahme der damaligen EEG-Umlage für erneuerbare Energien.

2. Wegfall der Gasspeicherumlage ab 2026

Die Gasspeicherumlage wurde eingeführt, um die Kosten für das Befüllen von Gasspeichern in Deutschland zu decken. Diese Maßnahme war notwendig, um eine Gasmangellage im Krisenjahr 2022 zu verhindern. Die Abschaffung der Gasspeicherumlage zum 1.1.26 ist im Vierten Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes geregelt. Der entsprechende Regierungsentwurf befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage sollen die Verbraucher bei den Gaspreisen um mehr als 3 Mrd. EUR und auch bei den Stromkosten entlastet werden. Denn die niedrigeren Gaspreise sorgen auch für eine günstigere Stromproduktion von Gaskraftwerken. Die Strompreise am Markt dürften sich ebenfalls reduzieren, da sie sich nach den teuersten Energien richten, also häufig Gas.

Beachten Sie | Die Gasspeicherumlage bleibt bis zum 31.12.25 bestehen. Bis dahin gelten folgende Regelungen: Die Umlage wird weiterhin erhoben, um den negativen Saldo auf dem Gasspeicherumlagekonto auszugleichen. Dieser Saldo stammt aus den Befüllungsmaßnahmen von 2022 und sollte ursprünglich bis Ende 2027 durch die Umlage ausgeglichen werden. Der negative Saldo wird jedoch spätestens bis Ende 2025 vollständig aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen. Dies hat der Bundestag mit dem Haushalt 2025 bereits beschlossen. Ab dem 1.1.26 wird die Weitergabe der Entlastungen an die Endkunden überwacht. Damit wird sichergestellt, dass die Kunden direkt von einer niedrigeren Gasrechnung profitieren.

3. Senkung der Stromsteuer – aber nicht für alle

Die Senkung der Stromsteuer soll durch das vom Bundeskabinett beschlossene Dritte Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes erfolgen (www.iww.de/s14572). Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft wird bei der Stromsteuer eine Entlastung verstetigt. Die Stromsteuerentlastung bis auf den EU-Mindeststeuersatz könnte mehr als 600.000 Unternehmen zugutekommen, darunter auch produzierende Handwerksbetriebe wie Bäckereien und Konditoreien oder Metallbauunternehmen und Feinwerkmechanikerbetriebe. Der befristete EU-Mindeststeuersatz würde ohne die Entlastung für Industrie und Landwirtschaft Ende 2025 auslaufen. Damit würden sich die Strompreise für die Unternehmen wieder erhöhen und die Rahmenbedingungen für Investitionen verschlechtern. Daher hat die Bundesregierung eine dauerhafte Stromsteuersenkung für Unternehmen beschlossen. Die Entlastung belastet den Bundeshaushalt mit etwa 3 Mrd. EUR jährlich.

Beachten Sie | Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) schätzt, dass nur maximal 15 % der Betriebe in Deutschland von der Senkung der Stromsteuer profitieren.

Eine Senkung der Stromsteuer für alle soll es vorerst nicht geben, obwohl dies im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD angekündigt wurde. Eine allgemeine, auch für Verbraucher geltende Stromsteuersenkung soll es laut Mitteilung der Bundesregierung zu einem späteren Zeitpunkt, bei Finanzierbarkeit ab 2027, geben.

Beachten Sie | An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht für alle zu senken, gab es breite Kritik: Die Politik lasse große Teile der Wirtschaft und die privaten Haushalte „links liegen“.

4. Planungen bei den Netzentgelten

4.1 Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzkosten in 2026

Es gibt vier große Unternehmen, die das Höchstspannungsnetz – die „Stromautobahnen“ – Deutschlands betreiben: Amprion, 50Hertz Transmission, TenneT TSO und TransnetBW. Mit den Netzentgelten bezahlen die Energieversorger den Betrieb, die Instandhaltung, den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze. Je nach Region können die Kostenstrukturen und der Zustand der Infrastruktur unterschiedlich sein. Ältere Netzinfrastrukturen haben z. B. höhere Wartungs- und Reparaturkosten, was sich wiederum auf die Netzentgelte auswirkt. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien hat Einfluss auf die Höhe der Netzentgelte. Das liegt an den Kosten für die Integration in die Netze. Wer also in einer Region mit hohem Wartungsaufwand lebt, zahlt i. d. R. höhere Netzentgelte.

Die Netzentgelte sind zuletzt deutlich gestiegen. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) machen sie derzeit rund 28 % des Gesamtstrompreises aus. Die Bundesregierung will deshalb die Betreiber der Übertragungsnetze im kommenden Jahr mit 6,5 Mrd. EUR bezuschussen. Dies soll mit dem vom Kabinett auf den Weg gebrachten „Gesetz für einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten für das Jahr 2026“ umgesetzt werden (www.iww.de/s14573).

Merke | Damit sollen auch die Kostenbelastungen für die an die nachgelagerten Verteilernetze angeschlossenen Stromkunden abgemildert werden. Denn die Entgelte für die Übertragungsnetze werden an die nächste Netzebene durchgereicht. Die Versorger sollen den Preisvorteil an ihre Kunden weitergeben, also auch an private Haushalte.

4.2 Bringt der Zuschuss wirklich konkrete Entlastungen?

Laut Angaben des Wirtschaftsministeriums sollen alle Unternehmen und privaten Haushalte, die Strom verbrauchen, von dem Zuschuss profitieren. Nach einer „Überschlagsrechnung“ könnten sich die Netzentgelte für Haushaltskunden im bundesweiten Schnitt um bis zu 2,4 Cent/kWh verringern. Für einen Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh im Jahr kann die Entlastung durch das niedrigere Netzentgelt rechnerisch etwa 100 EUR betragen.

Das Vergleichsportal Verivox kommt zu anderen Ergebnissen als das Wirtschaftsministerium. Nach dessen Berechnungen sinkt der Strompreis für Haushalte durch den Bundeszuschuss im deutschlandweiten Durchschnitt nur um rund 1,6 Cent/kWh. Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh spare somit rund 64 EUR. Allerdings werde die Entlastung der Strompreise über die Übertragungsnetzentgelte nicht überall in Deutschland gleichmäßig ankommen. Denn Netzgebiete, in denen selbst viel Strom erzeugt wird, sind weniger abhängig von den Übertragungsnetzentgelten. Entsprechend kommt dort weniger von der Entlastung an als in Netzgebieten, in denen eine geringere Stromerzeugung anfällt.

Der Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten hat für Verbraucher aber noch zwei weitere „Haken“:

  • Die Energieversorger sind nicht verpflichtet, den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten an ihre Kunden weiterzugeben, auch wenn die Regierung eine entsprechende Erwartung formuliert hat. Ob die Entlastungen bei den Netzentgelten also tatsächlich bei den Verbrauchern ankommen, bleibt abzuwarten.
  • Der Zuschuss zur Senkung der Übertragungsnetzentgelte ist auf das Haushaltsjahr 2026 begrenzt. Eine dauerhafte Senkung dieser Entgelte ist zwar politisches Ziel, hängt jedoch von der Finanzierbarkeit und somit von der Haushaltsentwicklung des Bundes ab dem Jahr 2027 ab. Ebenso denkbar ist also, dass die Netzentgelte – und damit die Stromkosten – nach Wegfall des Bundeszuschusses Ende 2026 wieder steigen.

Beachten Sie | Der Bundeszuschuss für die Netzentgelte soll aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes. Insgesamt ist nach Angaben des Wirtschaftsministeriums für die nächsten vier Jahre eine Entlastung von 26 Mrd. EUR vorgesehen. 2027 könnte aber ein anderer Weg eingeschlagen werden. Dann wird eine „signifikante Bezuschussung der Offshore-Netzumlage“ angestrebt, wofür jedoch die Zustimmung der EU-Kommission erforderlich ist. Die Offshore-Netzumlage ist ein weiterer Bestandteil des Strompreises. Über diese Umlage werden u. a. Kosten aus der Netzanbindung von Windparks auf hoher See finanziert.

5. Nächste Schritte im Gesetzgebungsverfahren

Die einschlägigen Gesetzentwürfe müssen nun im Parlament beraten werden. Das Ziel besteht darin, die Gesetzgebungsverfahren noch vor Jahresende abzuschließen.

AUSGABE: BBP 11/2025, S. 297 · ID: 50575261

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