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KostenfestsetzungDarlegung tatsächlicher Anhaltspunkte für Notwendigkeit einer Vorpfändung
| In VE 06, XXX haben wir darüber berichtet, dass lt. BGH die Kosten einer Vorpfändung gemäß § 845 ZPO als notwendige Vollstreckungskosten i. S. d. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO gegenüber dem Schuldner nur erstattungsfähig sind, wenn der Gläubiger konkrete tatsächliche Anhaltspunkte darlegt, die im Zeitpunkt der Vorpfändung die Besorgnis einer Gefährdung der Forderung begründeten. Es reicht nicht, dass lediglich keine Zahlung erfolgt ist oder eine Vorpfändung theoretisch zulässig war. Der folgende Beitrag schließt hieran an und gibt dem Gläubiger im Rahmen der Kostenfestsetzung Argumentationshilfen und eine Musterformulierung nebst Checkliste. |
Inhaltsverzeichnis
1. Argumentationslinien für Gläubiger
Gläubiger sollten möglichst konkret, einzelfallbezogen und nachvollziehbar darstellen, warum zum Zeitpunkt der Vorpfändung:
Musterformulierung / Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte |
An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit Gläubiger ./. Schuldner Wird im Hinblick auf die Geltendmachung der beantragten Kosten der Vorpfändung auf Folgendes hingewiesen: Im Zeitpunkt der Vornahme der Vorpfändung vom … lagen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Besorgnis begründeten, dass eine spätere Pfändung ohne Vorpfändung zu Rangnachteilen führt bzw. durch Verfügungen des Schuldners über das zu pfändende Recht vereitelt werden konnte. |
☐ Der Schuldner war mit seiner Zahlungsverpflichtung trotz Titulierung und mehrfacher Zahlungsaufforderung säumig. Insbesondere ist er nach Zustellung des Vollstreckungstitels am … nicht tätig geworden. ☐ Es lagen Informationen vor, die auf drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten:
☐ Bis zum Erlass des erlassenen Pfändungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht am … ist eine Zeitspanne von … Monaten / Wochen vergangen, sodass der Gläubiger, der keinen Einfluss auf die zeitliche Erledigung seines Antrags hat, einen sich allein dadurch ergebenden aussichtslosen Rang seiner Pfändung durch die Vorpfändung verhindern kann. Daraus ergibt sich, dass die Vorpfändung immer dann eine zweckentsprechende und notwendige Maßnahme ist, wenn die Gläubigerin begründeten Anlass zur Besorgnis hat, ohne diese Vorpfändung ihre Forderung nicht realisieren zu können (OLG München NJW 73, 2070; OLG Frankfurt MDR 94, 843; LG München II AGS 13, 539). ☐ Dem Unterzeichner wurde durch eine telefonische Auskunft des Drittschuldners … vom … bekannt, dass der Schuldner bereits eine Abtretung seiner Forderung gegenüber einem Dritten vorgenommen hat, um eine Zahlung aufzuschieben. ☐ Die Vorpfändung eines Gehaltskontos des Schuldners war notwendig, wenn etwa eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der Zugriff weiterer Gläubiger auf das Gehaltskonto oder eine etwaige Abtretung der Gehaltsforderung an Dritte zu besorgen wäre (OLG Frankfurt MDR 94, 843). Gerade das Vollstreckungsrisiko einer Abtretung der Forderung an Dritte, um die Vollstreckung zu verhindern oder der etwaige Zugriff weiterer Gläubiger auf die Gehaltsforderung waren für den Gläubiger nicht auszuschließen und daher durch einen raschen Zugriff durch die Vorpfändung zu begegnen (LG München II AGS 13, 539). Vorpfändung objektiv erforderlich Rechtsanwalt |
Checkliste / Argumentation betr. § 788 ZPO bei Vorpfändung | |
Punkt | Erledigt |
Titulierte Forderung liegt vor (Urteil, Beschluss etc.) | ☐ |
Zahlungsaufforderung erfolgte ohne Reaktion | ☐ |
Anhaltspunkte für Vermögensverschiebung/Verfügungen vorhanden | ☐ |
Informationen zu wirtschaftlicher Lage eingeholt und mit Aktenvermerk versehen (z. B. Bonitätsauskunft) | ☐ |
Hinweise auf Konkurrenzgläubiger oder bevorstehende Pfändungen | ☐ |
Konkrete Begründung für Rangwahrungsinteresse dargelegt | ☐ |
Zeitdruck hinsichtlich einer gerichtlichen Pfändung erläutert | ☐ |
Tatsächliche Umstände zum Zeitpunkt der Vorpfändung dokumentiert | ☐ |
Keine alternativen Maßnahmen zur Rangwahrung möglich | ☐ |
- eine Gefahr der Rangnachteile bei späterer Pfändung bestand. Dies kann z. B. durch konkurrierende Gläubiger oder bekannt gewordene drohende Pfändungen Dritter erfolgen;
- der Schuldner Verfügungen über pfändbare Forderungen in Aussicht stellte oder unternahm;
- der Schuldner Vermögensverlagerungen, Insolvenzabsicht oder Zahlungseinstellungen erkennen ließ;
- Zahlungsaufforderungen ignoriert oder explizit Zahlungsverweigerung signalisiert wurden;
- bekannte wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. negative Bonitätsauskünfte (z. B. Schufa, Creditreform, Vermögensverzeichnis) vorlagen;
- die Vorpfändung allein zur Sicherung des Pfändungsrangs diente, weil eine gerichtliche Pfändung kurzfristig nicht durchführbar war (z. B. Fristversäumnis durch lange gerichtliche Bearbeitungszeit drohte – was angesichts der Überlastung der Justiz offenkundig ist (LG München II AGS 13, 539).
AUSGABE: VE 7/2025, S. 123 · ID: 50433364