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KostenfestsetzungDarlegung tatsächlicher Anhaltspunkte für Notwendigkeit einer Vorpfändung

Top-BeitragLeseprobe23.06.20254 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| In VE 06, XXX haben wir darüber berichtet, dass lt. BGH die Kosten einer Vorpfändung gemäß § 845 ZPO als notwendige Vollstreckungskosten i. S. d. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO gegenüber dem Schuldner nur erstattungsfähig sind, wenn der Gläubiger konkrete tatsächliche Anhaltspunkte darlegt, die im Zeitpunkt der Vorpfändung die Besorgnis einer Gefährdung der Forderung begründeten. Es reicht nicht, dass lediglich keine Zahlung erfolgt ist oder eine Vorpfändung theoretisch zulässig war. Der folgende Beitrag schließt hieran an und gibt dem Gläubiger im Rahmen der Kostenfestsetzung Argumentationshilfen und eine Musterformulierung nebst Checkliste. |

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1. Argumentationslinien für Gläubiger

Gläubiger sollten möglichst konkret, einzelfallbezogen und nachvollziehbar darstellen, warum zum Zeitpunkt der Vorpfändung:

Musterformulierung / Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte

An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht –
In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit
Gläubiger ./. Schuldner
Wird im Hinblick auf die Geltendmachung der beantragten Kosten der Vorpfändung auf Folgendes hingewiesen:
Im Zeitpunkt der Vornahme der Vorpfändung vom … lagen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Besorgnis begründeten, dass eine spätere Pfändung ohne Vorpfändung zu Rangnachteilen führt bzw. durch Verfügungen des Schuldners über das zu pfändende Recht vereitelt werden konnte.
☐ Der Schuldner war mit seiner Zahlungsverpflichtung trotz Titulierung und mehrfacher Zahlungsaufforderung säumig. Insbesondere ist er nach Zustellung des Vollstreckungstitels am … nicht tätig geworden.
☐ Es lagen Informationen vor, die auf drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten:
  • ( ) So ergab eine Bonitätsauskunft bei (z. B. Creditreform) vom …, dass gegen den Schuldner bereits Mahnbescheide anderer Gläubiger bestanden und seine wirtschaftliche Lage als „kritisch“ bewertet wurde.
  • ( ) Aus der beigefügten Kopie des Schuldnerverzeichnisses ergibt sich, dass dort bereits Eintragungen mehrerer Gläubiger bestehen.
☐ Bis zum Erlass des erlassenen Pfändungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht am … ist eine Zeitspanne von … Monaten / Wochen vergangen, sodass der Gläubiger, der keinen Einfluss auf die zeitliche Erledigung seines Antrags hat, einen sich allein dadurch ergebenden aussichtslosen Rang seiner Pfändung durch die Vorpfändung verhindern kann. Daraus ergibt sich, dass die Vorpfändung immer dann eine zweckentsprechende und notwendige Maßnahme ist, wenn die Gläubigerin begründeten Anlass zur Besorgnis hat, ohne diese Vorpfändung ihre Forderung nicht realisieren zu können (OLG München NJW 73, 2070; OLG Frankfurt MDR 94, 843; LG München II AGS 13, 539).
☐ Dem Unterzeichner wurde durch eine telefonische Auskunft des Drittschuldners … vom … bekannt, dass der Schuldner bereits eine Abtretung seiner Forderung gegenüber einem Dritten vorgenommen hat, um eine Zahlung aufzuschieben.
☐ Die Vorpfändung eines Gehaltskontos des Schuldners war notwendig, wenn etwa eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der Zugriff weiterer Gläubiger auf das Gehaltskonto oder eine etwaige Abtretung der Gehaltsforderung an Dritte zu besorgen wäre (OLG Frankfurt MDR 94, 843). Gerade das Vollstreckungsrisiko einer Abtretung der Forderung an Dritte, um die Vollstreckung zu verhindern oder der etwaige Zugriff weiterer Gläubiger auf die Gehaltsforderung waren für den Gläubiger nicht auszuschließen und daher durch einen raschen Zugriff durch die Vorpfändung zu begegnen (LG München II AGS 13, 539).
Angesichts dieser Umstände war eine Vorpfändung objektiv erforderlich, um den Rang der Forderung zu sichern (§ 804 Abs. 3 ZPO) und zu verhindern, dass die Forderung durch Verfügungen beeinträchtigt wird. Bei der Abwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die nahezu voraussetzungslose Vorpfändung nicht überspannt werden dürfen. Denn der Gläubiger hat oft keine genaue Kenntnis von den dafür erheblichen Umständen. Aus der maßgeblichen Sicht des Gläubigerschutzes reicht es mithin aus, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Vorpfändung gegeben sind (OLG Frankfurt MDR 94, 843). Dies wurde dargelegt.
Rechtsanwalt

Checkliste / Argumentation betr. § 788 ZPO bei Vorpfändung

PunktErledigt
Titulierte Forderung liegt vor (Urteil, Beschluss etc.)

Zahlungsaufforderung erfolgte ohne Reaktion

Anhaltspunkte für Vermögensverschiebung/Verfügungen vorhanden

Informationen zu wirtschaftlicher Lage eingeholt und mit Aktenvermerk versehen (z. B. Bonitätsauskunft)

Hinweise auf Konkurrenzgläubiger oder bevorstehende Pfändungen

Konkrete Begründung für Rangwahrungsinteresse dargelegt

Zeitdruck hinsichtlich einer gerichtlichen Pfändung erläutert

Tatsächliche Umstände zum Zeitpunkt der Vorpfändung dokumentiert

Keine alternativen Maßnahmen zur Rangwahrung möglich

  • eine Gefahr der Rangnachteile bei späterer Pfändung bestand. Dies kann z. B. durch konkurrierende Gläubiger oder bekannt gewordene drohende Pfändungen Dritter erfolgen;
  • der Schuldner Verfügungen über pfändbare Forderungen in Aussicht stellte oder unternahm;
  • der Schuldner Vermögensverlagerungen, Insolvenzabsicht oder Zahlungseinstellungen erkennen ließ;
  • Zahlungsaufforderungen ignoriert oder explizit Zahlungsverweigerung signalisiert wurden;
  • bekannte wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. negative Bonitätsauskünfte (z. B. Schufa, Creditreform, Vermögensverzeichnis) vorlagen;
  • die Vorpfändung allein zur Sicherung des Pfändungsrangs diente, weil eine gerichtliche Pfändung kurzfristig nicht durchführbar war (z. B. Fristversäumnis durch lange gerichtliche Bearbeitungszeit drohte – was angesichts der Überlastung der Justiz offenkundig ist (LG München II AGS 13, 539).

AUSGABE: VE 7/2025, S. 123 · ID: 50433364

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