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ArbeitsentgeltDas Sozialkassenverfahren im Baugewerbe – ein Überblick über die SOKA-BAU

Top-Beitrag Abo-Inhalt 24.07.2019 5 Min. Lesedauer Von André Braig, Rechtsanwalt, Osborne Clarke, München

| Immer wieder erhalten Unternehmen Schreiben der SOKA-BAU mit der Bitte um Auskunft über die von ihnen erbrachten Tätigkeiten und deren zeitliche Verteilung. Diese Schreiben sorgen oft für Verwirrung. Erfahren Sie deshalb, was die SOKA-BAU ist, welche Unternehmen von ihr betroffen sind, wie sich dies auswirkt und welche Unternehmen nicht an der SOKA-BAU teilnehmen müssen. |

Überblick über die SOKA-BAU
Was ist die SOKA-BAU?
In der SOKA-Bau sind die Sozialkassen der Bauwirtschaft zusammengefasst. Sie ist die Dachorganisation der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft („ULAK“) und der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes („ZVK“). Bei diesen handelt es sich um gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft. Sowohl die ULAK als auch die ZVK tragen den Besonderheiten des Baugewerbes Rechnung, indem sie das Sozialkassenverfahren durchführen.
  • Die ULAK sichert die Ansprüche der gewerblichen Arbeitnehmer der Baubranche auf Urlaubsvergütung sowie die Arbeitsgeldkonten und fördert die Berufsbildung.
  • Die ZVK verfolgt den Zweck, branchenspezifische Nachteile der Arbeitnehmer des Baugewerbes in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen, die dadurch entstehen, dass sie während der Schlechtwetterperiode des Jahres häufig nicht beschäftigt werden.
Wen betrifft die SOKA-BAU?
Welche Betriebe zu der Teilnahme an dem Sozialkassenverfahren der SOKA-BAU verpflichtet sind, richtet sich nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Dieser ist allgemeinverbindlich, sodass er grundsätzlich für sämtliche Betriebe des Baugewerbes gilt. Und zwar unabhängig davon, ob sie Mitglied eines Arbeitgeberverbands sind, der den Tarifvertrag schließt. Ob der Betrieb dem Baugewerbe oder dem Baunebengewerbe angehört, ist egal.
  • Betriebe des Baugewerbes sind nach dem Tarifvertrag Betriebe, die gewerblich Bauten aller Art erstellen oder gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen und Betriebe, die sonstige bauliche Leistungen erbringen.
  • In den Tarifverträgen findet sich eine beispielhafte Aufzählung von Tätigkeiten, die darunter zu fassen sind. Dieser Katalog umfasst 42 Ziffern. Die Aufzählung reicht von Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit über Beton- und Stahlbauarbeiten, Bohrarbeiten, Maurerarbeiten, Straßenbauarbeiten bis hin zu Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten.
  • Betriebe, die eine der genannten Leistungen überwiegend erbringen, fallen grundsätzlich als Ganzes unter den Tarifvertrag. Betriebe erbringen eine der genannten Leistungen überwiegend, wenn sie innerhalb eines Jahres zu mehr als 50 Prozent der Gesamtarbeitszeit eine der genannten Tätigkeiten ausführen. Ist dies der Fall, gilt der Tarifvertrag für den gesamten Betrieb. Ausgenommen können lediglich selbstständige Abteilungen sein, die andere Leistungen erbringen und von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst sind.
Folgen der Teilnahme am Sozialkassen-verfahren
Sind Betriebe verpflichtet, am Sozialkassenverfahren teilzunehmen, hat dies erhebliche finanzielle Konsequenzen. Diese Betriebe müssen sowohl für gewerbliche Arbeitnehmer als auch für Angestellte Beiträge an die SOKA-BAU entrichten.
  • Für gewerbliche Arbeitnehmer richtet sich die Beitragshöhe nach der Summe der Bruttolöhne aller gewerblichen Arbeitnehmer des Betriebs. Von dieser Summe müssen Betriebe im Jahr 2019 insgesamt
    • im Tarifgebiet West 20,8 Prozent,
    • im Tarifgebiet Ost 18,8 Prozent,
    • im Tarifgebiet Berlin West 25,75 Prozent und
    • im Tarifgebiet Berlin Ost 23,75 Prozent als Beiträge an die SOKA-BAU entrichten.
Folgen der Teilnahme am Sozialkassen-verfahren
  • Diese Beiträge werden von der SOKA-BAU wie folgt verwendet:
    • 15,4 Prozent der Bruttolöhne der gewerblichen Arbeitnehmer fließen an die ULAK zur Durchführung des Urlaubsverfahrens. Die ULAK verwaltet die Beiträge treuhänderisch und erstattet dem Arbeitgeber aus ihnen dessen Aufwendungen für die Urlaubsvergütung seiner gewerblichen Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss hierfür nachweisen, die Urlaubsvergütung tatsächlich gezahlt zu haben. Dieses Verfahren dient u. a. dem Schutz der gewerblichen Arbeitnehmer vor einer in der Baubranche verhältnismäßig häufig auftretenden Insolvenz des Arbeitgebers.
    • Außerdem beteiligt sich die gesamte Baubranche über die ULAK an der Berufsausbildung. Ein Teil der zu zahlenden Beiträge (2019: 2,4 Prozent der Bruttolöhne im Tarifgebiet West und Ost; 1,65 Prozent im Tarifgebiet Berlin West und Ost) wird dafür verwendet, den Ausbildungsbetrieben der Baubranche ihre Ausbildungskosten zumindest teilweise zu erstatten.
    • Ein weiterer Teil der Beiträge fließt an die ZVK, die die Gelder für eine Zusatzaltersversorgung der gewerblichen Arbeitnehmer verwendet. In den Tarifgebieten West und Berlin West werden 2019 hierfür 3,0 Prozent der Bruttolöhne aufgewendet; in den Tarifgebieten Ost und Berlin Ost 1,0 Prozent.
    • Außerdem fallen für Betriebe in den Tarifgebieten Berlin West und Berlin Ost Sozialaufwendungen an, die jeweils 5,7 Prozent der Bruttolöhne ausmachen.
  • Zusätzlich müssen Betriebe der Bauwirtschaft für jeden Angestellten einen Tagesbeitrag entrichten. Dieser beträgt in den Tarifgebieten West und Berlin West 3,15 Euro, also 63,00 Euro monatlich, und in den Tarifgebieten Ost und Berlin Ost 1,25 Euro, also 25,00 Euro monatlich. Ausgenommen von der Beitragspflicht sind Angestellte, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben oder deren Arbeitsverhältnis ruht, z. B. während einer Elternzeit. Die Beitragspflicht besteht allerdings auch dann fort, wenn der Arbeitgeber wegen einer lange anhaltenden Krankheit des Angestellten keine Entgeltfortzahlung mehr leisten muss.
Wer kann dem Sozialkassenverfahren entgehen?
Die Teilnahme am Sozialkassenverfahren stellt für Arbeitgeber eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Dieser kann man entgehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
  • Der Tarifvertrag enthält unter § 1 Abs. 2 Abschn. VII einen Katalog an Betrieben, die nicht von seinem Geltungsbereich umfasst sind. Unter den 13 aufgezählten Betriebsarten finden sich etwa Betriebe des Dachdecker-, Gerüstbau- und Schreinereihandwerks. Alle in diesem Abschnitt genannten Betriebe sind nicht verpflichtet, am Sozialkassenverfahren teilzunehmen. Beruft sich ein Betrieb auf eine der Ausnahmen in § 1 Abs. 2 Abschn. VII, trägt er die Darlegungs- und Beweislast. Er muss z. B. vortragen, dass seine Arbeitnehmer zu mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit Schreinerarbeiten ausgeführt haben (BAG, Urteil vom 08.05.2019, Az. 10 AZR 559/17, Abruf-Nr. 209756).

  • Z. B. bei Unternehmen des Maler- und Lackiererhandwerks, Abbruch- sowie Stahl- und Metallbauunternehmen besteht die Möglichkeit, dass sie aufgrund einer Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags nicht am Sozialkassenverfahren teilnehmen müssen. Voraussetzung ist etwa, dass sie Mitglied in einem in der Allgemeinverbindlicherklärung genannten Verband oder Innung sind und entsprechende Tätigkeiten ausführen.
  • Ohne dass es auf die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit ankommt, kann eine Einschränkung bei einer Mitgliedschaft in konkret in der Allgemeinverbindlichkeitserklärung genannten Verbänden bestehen. Dies betrifft z. B. Mitglieder des Hauptverbands der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e. V., des Bundesarbeitgeberverbands Chemie e. V. und des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. (Gesamtmetall).

Ausgabe: 09/2019, S. 158 · ID: 45992896

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