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KurzarbeitergeldBerechnung von Kurzarbeitergeld – auf diese Besonderheiten müssen Arbeitgeber achten

Abo-Inhalt 24.04.2020 8 Min. Lesedauer Von Dipl.-Finanzwirtin (FH) Anne L’habitant, Steuerberaterin bei der WTS Düsseldorf

| Die Berechnung von Kurzarbeitergeld wirft in der Praxis viele Fragen auf. LGP hat in der April-Ausgabe bereits die Grundzüge der Berechnung dargestellt. Im folgenden Beitrag beantwortet LGP verschiedene Einzelfragen zur Berechnung des Kurzarbeitergelds und geht dabei auf Besonderheiten ein, wie z. B. die private Kfz-Nutzung oder die Entgeltumwandlung zur bAV während der Kurzarbeit. |

Berechnung des Kurzarbeitergelds (§ 106 SGB III)

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall (Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt). Zur Ermittlung des Entgeltausfalls sind fünf Teilschritte erforderlich:

Berechnung des Kurzarbeitergelds – Fünf Teilschritte

  • 1. Feststellung des Soll-Entgelts.
  • 2. Feststellung des Ist-Entgelts.
  • 3. Feststellung der Leistungsgruppe und des -satzes.
  • 4. Ermittlung der rechnerischen Leistungssätze, die aus den pauschalierten Nettoentgelten für das Soll-Entgelt und für das Ist-Entgelt nach den Leistungssätzen 1 und 2 errechnet wurden.
  • 5. Ermittlung des Unterschiedsbetrags zwischen den aus der Tabelle abgelesenen rechnerischen Leistungssätzen für das Soll-Entgelt und für das Ist-Entgelt. Das Ergebnis stellt das Kurzarbeitergeld dar.

Nach § 106 Abs. 1 S. 4 SGB III bleibt Arbeitsentgelt, das einmalig gezahlt wird, bei der Berechnung von Soll-Entgelt und Ist-Entgelt außer Betracht. Das Soll- und das Ist-Entgelt wird auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag auf- bzw. abgerundet.

Ermittlung des Soll-Entgelts

Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt (einschl. der Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub), das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte. Dies ist das regelmäßige laufende beitragspflichtige Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung (SGB III), also bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Nicht zu berücksichtigen sind Entgelte für Mehrarbeit in dem Anspruchszeitraum (Kalendermonat).

Beispiel

Der Arbeitnehmer erhält einen Stundenlohn von 15 Euro bei einer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von wöchentlich 37 Stunden zzgl. einer Funktionszulage von monatlich 100 Euro. Für März ergibt sich folgendes Soll-Entgelt:
Arbeitszeit im März
22 Arbeitstage x 7,4 Stunden
162,8 Stunden
Stundenlohn
162,8 Stunden x 15 Euro
2.442 Euro
Soll-Entgelt
2.442 Euro + 100 Euro
2.542 Euro
Soll-Entgelt (gerundet)
2.540 Euro

Sachbezüge

Sachbezüge sind bei der Ermittlung des Soll-Entgelts mit dem Wert zu berücksichtigen, der sich aus §§ 2, 3 SvEV ergibt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer erhält monatlich ein Festgehalt von 4.500 Euro. Er hat außerdem einen Dienstwagen, dessen monatlicher geldwerter Vorteil 400 Euro beträgt. Für März errechnet sich folgendes Soll-Entgelt:
Soll-Entgelt
4.500 Euro + 400 Euro
4.900 Euro
Soll-Entgelt (gerundet)
4.900 Euro

Höchstbeträge für Soll-Entgelt

Das Soll-Entgelt ist auf die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung gedeckelt. Für 2020 gelten folgende Höchstbeträge.

Maximales Soll-Entgelt 2020
Soll-Entgelt (West)
6.900 Euro
Soll-Entgelt (Ost)
6.450 Euro

Beispiel

Ein Arbeitnehmer, der in München arbeitet, hat ein monatliches Festgehalt von 10.000 Euro. Er darf außerdem einen Dienstwagen nutzen, dessen monatlicher geldwerter Vorteil 800 Euro beträgt. Das Soll-Entgelt für April 2020 beträgt 6.900 Euro.

Teillohnzeitraum

Wird in einem Anspruchszeitraum das Arbeitsentgelt nur für einen Teillohnzeitraum gezahlt (z. B. wegen Beendigung oder Beginn des Arbeitsverhältnisses), ist als Soll-Entgelt das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, welches der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall im gesamten Abrechnungszeitraum erzielt hätte.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Festgehalt von 2.500 Euro scheidet Mitte des Monats aus.
Teilmonat wegen Austritt für 15 Tage
1.250 Euro
Soll-Entgelt
2.500 Euro

Ermittlung des Ist-Entgelts

Ist-Entgelt ist das im jeweiligen Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte gesamte beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt (einschl. der Entgelte für Mehrarbeit). Hinzu kommen alle dem Arbeitnehmer zustehenden Entgeltanteile (z. B. vermögenswirksame Leistungen, Stellenzulagen). Dem tatsächlich erzielten Bruttoarbeitsentgelt sind auch die nicht gezahlten Entgeltanteile, z. B. Mehrarbeitszuschläge, bzw. die gezahlten, nur auf die Mehrarbeit entfallenden Entgeltanteile hinzuzurechnen, auf die der Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat.

Beispiel

Der Arbeitnehmer erhält einen Stundenlohn von 15 Euro bei einer reduzierten Arbeitszeit von wöchentlich 20 Stunden zzgl. einer Funktionszulage von monatlich 100 Euro. Die Überstundenzuschläge für März von 50 Euro werden ihm aus unternehmenspolitischen Gründen und nach entsprechender Vereinbarung nicht ausgezahlt. Für März ermittelt sich das Ist-Entgelt wie folgt:
Arbeitszeit im März
22 Arbeitstage x 4 Stunden
88 Stunden
Stundenlohn
88 Stunden x 15 Euro
1.320 Euro
Ist-Entgelt
1.320 Euro + 100 Euro + 50 Euro
1.470 Euro
Ist-Entgelt (gerundet)
1.480 Euro

Wichtig | Ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld bleibt bei der Berechnung des Ist-Entgelts außer Betracht.

Sachbezüge

Sachbezüge sind bei der Ermittlung des Ist-Entgelts mit dem Wert zu berücksichtigen, der sich aus den §§ 2, 3 SvEV ergibt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer erhält gar kein Festgehalt für März, darf aber seinen Dienstwagen, dessen monatlicher geldwerter Vorteil 400 Euro beträgt, weiternutzen. Für März errechnet sich ein (gerundetes) Ist-Entgelt von 400 Euro.

Teillohnzeitraum

Wird in einem Anspruchszeitraum das Arbeitsentgelt nur für einen Teillohnzeitraum gezahlt, ist das Ist-Entgelt um den Betrag zu erhöhen, um den wegen der Beschäftigung für den Teilmonat das Entgelt vermindert wurde.

Besonderheit: Entgeltumwandlung zur bAV

Die für die Entgeltumwandlung in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse sowie Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung verwendeten Entgeltbestandteile sind bis zu einem Betrag in Höhe von vier Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung kein Arbeitsentgelt (§ 1 Nr. 9 SvEV). Diese Entgeltbestandteile sind deshalb weder beim Soll- noch beim Ist-Entgelt zu berücksichtigen (Fachliche Weisungen Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit, Tz. 10).

Beispiel

Ein Arbeitnehmer hat ein Festgehalt von 3.500 Euro und wandelt monatlich 100 Euro zugunsten einer Direktversicherung um. In der Corona-Krise erhält er im März nur ein Festgehalt von 2.800 Euro, wandelt aber weiterhin 100 Euro um.
Soll-Entgelt
3.500 Euro ./. 100 Euro
3.400 Euro
Ist-Entgelt
2.800 Euro ./. 100 Euro
2.700 Euro

Feststellung der Leistungsgruppe und des -satzes

Für die Höhe des Kurzarbeitergelds werden zwei Leistungssätze unterschieden (siehe auch LGP 4/2020, Seite 68, Abruf-Nr. 46457684):

  • Leistungssatz 1 (erhöhter Leistungssatz von 67 Prozent): für Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, sowie für Arbeitnehmer, deren Ehegatte mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Für Personen in eingetragenen Lebenspartnerschaften trifft dies ebenfalls zu.
  • Leistungssatz 2 (allgemeiner Leistungssatz von 60 Prozent): für die übrigen Arbeitnehmer.

Der erhöhte Leistungssatz 1 wird gewährt, wenn in der elektronischen Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag mit dem Zähler von mindestens 0,5 eingetragen ist. Die Agentur für Arbeit empfiehlt diese Eintragungen auf Aktualität zu überprüfen bzw. beim Finanzamt zu beantragen. Der Leistungssatz 1 kann aber auch gewährt werden, wenn ein Kind mit einer entsprechenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit nachgewiesen wurde. Die Ausstellung der Bescheinigung können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer beantragen.

Ermittlung der pauschalierten Nettoentgelte

Das Kurzarbeitergeld beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz. Das pauschalierte monatliche Nettoentgelt wird ermittelt, indem das gerundete Soll- und das gerundete Ist-Entgelt um folgende pauschalierten Abzüge vermindert wird:

  • Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 Prozent
  • Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse des Arbeitnehmers
  • Solidaritätszuschlag

Grundsätzlich sind die dem Arbeitgeber im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mittels ELStAM übermittelten Daten über die Lohnsteuerklasse maßgebend. Wird eine Eintragung zu einem späteren Zeitraum geändert, so ist die Änderung für einen bereits abgerechneten Kalendermonat unbeachtlich.

Im Leistungsantrag für das Kurzarbeitergeld ist neben dem Soll- und Ist-Entgelt, der Lohnsteuerklasse und dem Leistungssatz auch der rechnerische Leistungssatz für das Soll- und das Ist-Entgelt anzugeben.

Praxistipps |
  • Die deutsche Rentenversicherung bietet auf der Internetseite www.ihre-vorsorge.de einen Kurzarbeitergeldrechner an. Mit dem Kurzarbeitergeldrechner können Arbeitgeber unkompliziert die pauschalierten Nettoentgelte und auch das Kurzarbeitergeld berechnen lassen, wenn das Soll- und Ist-Entgelt errechnet ist. Für die Eintragung im Leistungsantrag müssen dann nur manuell das pauschalierte Nettoentgelt aus dem Soll- und Ist-Entgelt mit dem Leistungssatz multipliziert werden. Dies ergibt den rechnerischen Leistungssatz für das Soll- und das Ist-Entgelt.
  • Alternativ stellt die Agentur für Arbeit eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergelds zur Verfügung. Anhand dieser lassen sich die maßgebenden rechnerischen Leistungssätze ablesen.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer hat ein reguläres Festgehalt von 4.500 Euro und erhält in der Corona-Krise ein reduziertes Gehalt von 1.500 Euro. Er hat die Steuerklasse 4 und Anspruch auf einen Kinderfreibetrag von mindestens 0,5.
Soll-Entgelt
4.500,00 Euro
Lohnsteuer
./. 833,50 Euro
Solidaritätszuschlag
./.16,77 Euro
Sozialversicherung (pauschal 20 %)
./. 900,00 Euro
Pauschaliertes Netto-Soll-Entgelt
2.749,73 Euro
Rechnerischer Leistungssatz (67 %)
1.842,32 Euro
Ist-Entgelt
1.500,00 Euro
Lohnsteuer
./. 65,41 Euro
Solidaritätszuschlag
0,00 Euro
Sozialversicherung (pauschal 20 %)
./. 300,00 Euro
Pauschaliertes Netto-Ist-Entgelt
1.134,59 Euro
Rechnerischer Leistungssatz (67 %)
760,17 Euro

Ermittlung des Unterschiedsbetrags (Kurzarbeitergeld)

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem rechnerischen Leistungssatz für das Soll-Entgelt und dem für das Ist-Entgelt ergibt das Kurzarbeitergeld.

Fortsetzung des vorhergehenden Beispiels
Rechnerischer Leistungssatz (Soll)
1.842,32 Euro
Rechnerischer Leistungssatz (Ist)
./. 760,17 Euro
Kurzarbeitergeld
1.082,15 Euro

Versteuerung des Kurzarbeitergelds

Kurzarbeitergeld ist nach § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG steuerfrei. Es unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Der Progressionsvorbehalt findet in der Gehaltsabrechnung keine Berücksichtigung und wird erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung geprüft. Daher besteht die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Das Kurzarbei-tergeld ist in Zeile 15 der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.

Sozialversicherung bei Bezug von Kurzarbeitergeld

Auch bei Bezug von Kurzarbeitergeld besteht die Versicherungspflicht im Einzelfall fort. Zwecks Verbeitragung des Kurzarbeitergelds wird ein fiktives Arbeitsentgelt berechnet, auf das an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Für das tatsächlich weiter gezahlte Entgelt besteht ebenfalls Versicherungspflicht.

  • Für Arbeitsentgelt, das während der Kurzarbeit verdient wird, bleibt es dabei, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag gemeinsam tragen.
  • Für das Arbeitsentgelt für die Arbeitszeit, die durch Kurzarbeit entfällt, trägt der Arbeitgeber die Abgaben allein. Ihm werden für Arbeitsausfälle bis zum 31.12.2020 die von ihm während des Bezugs von Kurzarbeitergeld allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit in pauschalierter Form erstattet (§ 2 Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit).

Zuschuss zum Kurzarbeitergeld

Verschiedene Tarifverträge, aber auch einzelvertragliche Regelungen sehen eine Aufstockung zum Kurzarbeitergeld vor. Dabei stockt der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld auf: in der Regel bis zu einem bestimmten Prozentsatz des bisherigen Nettoentgelts, teilweise auch des bisherigen Bruttoentgelts. Dieser Aufstockungsbetrag bleibt bei der Berechnung des Kurzarbeitergelds außen vor, ist aber steuerpflichtiger Arbeitslohn. In der Sozialversicherung ist er beitragsfrei, soweit er zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts nicht übersteigt (§ 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV).

Wichtig | Manche Abrechnungsprogramme können die 80 Prozent nicht prüfen. Dann ist sie manuell zu berechnen bzw. zu überwachen.

Ausgabe: 04/2020, S. 83 · ID: 46530405

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