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SBStiftungsBrief
Juli 2025

KapitalertragsteuerFG Münster entscheidet: Keine Erstattung von Kapitalertragsteuer vor Gründung der Stiftung

Top-BeitragLeseprobe03.06.20256 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Zinsen und Dividenden unterliegen der Kapitalertragsteuer – auch bei gemeinnützigen (nicht rechtsfähigen) Stiftungen. Diese können die Belastung aber durch eine Nichtveranlagungsbescheinigung umgehen oder sich die Steuer später erstatten lassen. Das gilt jedoch nur, wenn die Stiftung zum Zeitpunkt des Zuflusses der Erträge bereits gegründet worden war. Ist die Steuer hingegen vor der Gründung angefallen, führt sie zu einer Definitivbelastung – so das FG Münster. SB stellt Ihnen Urteil, Praxisfolgen und Umgehungsmöglichkeiten vor. |

Um diesen Fall ging es vor dem FG Münster

2017 verstarb eine Stifterin, die Eigentümerin von poolgebundenen und nicht poolgebundenen Kommanditaktien war. Im Testament hatte sie zwar ihren Ehemann als Alleinerben eingesetzt. Mit einem Vermächtnis verfügte sie jedoch, dass die poolgebundenen Kommanditaktien eine GmbH erhalten soll. Und zwar mit der Auflage, sie als Stiftungsträgerin einer neuen nicht rechtsfähigen Stiftung entsprechend der Satzung zu verwalten, die dem Testament als ungefähres Muster beigefügt war. Die nicht poolgebundenen Anteile sollten hingegen an fünf namentlich benannte gemeinnützige Stiftungen gehen.

Die GmbH als Stiftungsträgerin sollte im weiteren Verlauf die Dividenden aus den Kommanditaktien als Zustiftungen in den Vermögensstock dieser fünf gemeinnützigen Stiftungen leisten, solange und soweit diese fünf Stiftungen die Voraussetzungen des § 52 AO erfüllen und einen Vermögensstock haben. Zur Abwicklung des Vermächtnisses wurde zudem Testamentsvollstreckung angeordnet.

Das steuerliche Problem an der gewählten Gestaltung

Zum Problem wurde nun der zeitliche Ablauf. Denn es dauerte bis 2020, bis die neue – nicht rechtsfähige – Stiftung errichtet und als gemeinnützig anerkannt war. Das lag unter anderem daran, dass sich die GmbH zunächst über eine verbindliche Auskunft absicherte, dass die Errichtung der Stiftung zur Nicht-Aufdeckung stiller Reserven bei der Übertragung der Kommanditaktien auf sie führt. Innerhalb des Zeitraums zwischen dem Tod der Stifterin (2017) und der Errichtung und steuerlichen Anerkennung der Stiftung als gemeinnützig (2020) wurden jedoch bereits Dividenden aus den poolgebundenen Kommanditaktien ausgezahlt. Weil diese als Kapitalertrag der Kapitalertragsteuer unterlagen, erfolgte auch der Einbehalt entsprechender Steuern.

Vor dem FG Münster ging es nun darum, ob die Stiftung einen Anspruch darauf hat, die in den Jahren 2017 bis 2019 (vor ihrer Errichtung und Anerkennung als gemeinnützig) entrichtete Kapitalertragsteuer aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO) erlassen zu bekommen.

Kapitalertragsteuer und ihr steuerrechtlicher Hintergrund

Werden Kapitalerträge wie z. B. Dividenden ausgezahlt, besteht die Pflicht, von diesen Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent zzgl. Soli einzubehalten (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Auf den Steuerabzug kann nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen verzichtet werden. Diese Ausnahme liegt vor allem dann vor, wenn dem zum Steuerabzug verpflichteten ein Freistellungsauftrag oder eine Nichtveranlagung-Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamts vorgelegt wird (§ 44a Abs. 2 EStG). Zudem ermöglicht § 44b Abs. 5 EStG eine Erstattung der Kapitalertragsteuer, wenn eine für die Abstandnahme des Steuerabzugs erforderliche Bescheinigung verspätet vorgelegt wird.

Wichtig | Eine Erstattung im Rahmen der Veranlagung ist bei einer gemeinnützigen und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft hingegen nicht möglich. Denn die Befreiung nach § 5 Abs. 1 KStG gilt nicht für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterworfen sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG).

FG: Kein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer

Das FG entschied zu Ungunsten der Klägerin und verwehrte eine Erstattung der in den Jahren 2017 bis 2019 einbehaltenen Kapitalertragsteuer (FG Münster, Urteil vom 18.12.2024, Az. 9 K 2015/21 Kap, Abruf-Nr. 246484).

  • Zum einen lag für die Streitjahre keine Bescheinigung i. S. v. § 60a AO vor, weshalb der Steuerabzug rechtmäßig erfolgte.
  • Zum anderen sah das FG auch nicht die Möglichkeit, eine Erstattung über sachliche Billigkeitsgründe zu rechtfertigen (§ 227 AO). Denn solche sachlichen Billigkeitsgründe lagen im Streitfall nicht vor.

Das Ergebnis: Die einbehaltene Kapitalertragsteuer führt für die gemeinnützige (nicht rechtsfähige) Stiftung zur Definitivbelastung.

Hintergrund für die Entscheidung ist, dass die Definitivbelastung mit Kapitalertragsteuer im zu beurteilenden Sachverhalt einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers entspricht. Denn dem Gesetzgeber war bei der Konzeption des Gesetzes der Umstand bewusst, dass es in entsprechenden Fallkonstellationen durch den abgeltenden Steuerabzug und der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit im Veranlagungsverfahren ohne eine Abstandnahme vom Steuerabzug trotz Steuervergünstigung zu einer endgültigen Steuerbelastung kommt – wie das FG umfangreich in seinem Urteil ausführt.

Und solche – vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommenen – Folgen einer gesetzlichen Bestimmung lassen sich weder durch die Verwaltung noch durch die Gerichte im Billigkeitswege korrigieren. Auch das Argument, der Stiftung stünde die nicht erstattete Kapitalertragsteuer nicht für ihre gemeinnützigen Zwecke zur Verfügung, konnte das FG nicht dazu bewegen, eine Unbilligkeit des Steuerabzugs zu sehen.

Wichtig | Wird eine (nicht rechtsfähige) gemeinnützige Stiftung errichtet, gehen mit der Gemeinnützigkeit zwar viele Privilegien einher. Diese Begünstigungen können jedoch erst ab Errichtung der Stiftung und Anerkennung der Gemeinnützigkeit in Anspruch genommen werden. Damit scheidet eine Erstattung von davor einbehaltener Kapitalertragsteuer aus. Gleiches gilt auch für die Vereinnahmung von Zuwendungen. Auch diese sind erst ab Errichtung der Stiftung und Anerkennung der Gemeinnützigkeit steuerbegünstigt.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Dass die – vor Errichtung und vor steuerlicher Anerkennung einer (nicht rechtsfähigen) Stiftung als gemeinnützig – einbehaltene Kapitalertragsteuer zu einer Definitivbelastung führt, ist sicherlich kein wünschenswertes Ergebnis. Doch es gibt Alternativgestaltungen, um die Steuerbelastung zu umgehen oder zumindest den Zeitraum zu verkürzen, in dem es zu einer Definitivbelastung kommt:

  • 1. Das Risiko kann komplett umgangen werden, wenn die Stifterin die Stiftung schon zu Lebzeiten errichtet, aber erst von Todes wegen mit dem Vermächtnis bedacht hätte. Denn dann wären sämtliche Dividenden der bereits errichteten gemeinnützigen (nicht rechtsfähigen) Stiftung zugeflossen und diese hätte beispielsweise über eine Nichtveranlagungs- Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamts den Steuerabzug von vornherein verhindern können.
  • 2. Kann auf die Kommanditanteile ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden (z. B. weil alle Anteile gehalten werden), kann auch auf Ausschüttungen eingewirkt werden. Ausschüttungen sollten bis zur Errichtung und Anerkennung der Stiftung als gemeinnützig unterbleiben.
  • 3. Der Zeitraum zwischen dem Versterben des Stifters und der Errichtung der Stiftung und Anerkennung der Stiftung als gemeinnützig sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Damit haben die mit der Errichtung im Zusammenhang stehenden Behördengänge, die Konzeption der Satzung und weiterer erforderlichen Unterlagen wie auch die Kommunikation mit dem Finanzamt zwecks Feststellung der Gemeinnützigkeit höchste Priorität. Hier sollte aktiv und schnell gehandelt werden.

Wichtig | Das FG hat – ohne sie für den Streitfall zu beantworten – in seinem Urteil auch eine andere Frage aufgeworfen: Wann ist das wirtschaftliche Eigentum an den Kommanditaktien überhaupt auf die (nicht rechtsfähige) Stiftung übergegangen? Sollte das erst zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung der Fall gewesen sein, dann wäre nämlich schon alleine deshalb keine Erstattung der in den Vorjahren einbehaltenen Kapitalertragsteuer möglich, weil diese dann nicht auf Rechnung der Stiftung, sondern auf Rechnung des Erben einbehalten und abgeführt wurde.

AUSGABE: SB 7/2025, S. 134 · ID: 50422938

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