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VerkehrssicherungspflichtAbsicherung einer Baustelle
| Wie muss eine Baustelle abgesichert sein, damit der Bauherr seiner ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht genügt? Diese Frage musste das Landgericht (LG) Koblenz entscheiden. |
Das war geschehen
Die Parteien stritten über von der Klägerin geltend gemachte Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld aus einem Sturz im Bereich einer Straße. Diese Straße verfügt über keinen gesondert ausgewiesenen Gehweg.
Die Beklagte führte zu diesem Zeitpunkt Straßenbaumaßnahmen auf der teilweise deutlich erneuerungsbedürftigen Straße durch. Diese führten u.a. zu einer Fräskante auf der Straße. Der betroffene Streckenabschnitt war gemäß der behördlichen Anordnung beschildert. Die Klägerin stürzte an der Fräskante und erlitt eine distale Radiusfraktur links. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Auf die Fräskante sei nicht ordnungsgemäß hingewiesen worden. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie ihre Verkehrssicherungspflichten vollumfänglich erfüllt habe. Jedenfalls sei der Klägerin ein so erhebliches Mitverschulden anzulasten, dass schon aus diesem Grund der geltend gemachte Anspruch ausgeschlossen sei.
Amtsgericht: Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht, aber auch Mitverschulden
Das Amtsgericht (AG) hat die Beklagte verurteilt, rund 1.000 Euro sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 272,60 Euro, jeweils zuzüglich Zinsen, an die Klägerin zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits legte das AG den Parteien zu je 50 % auf.
Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Es fehle an einem Schild mit ausdrücklichem Bezug zu einer Baustelle oder an einem Schild mit dem Hinweis auf Fahrbahnunebenheiten. Das AG sah zulasten der Klägerin jedoch auch ein Mitverschulden, da sie nach Überqueren der ersten Fräskante eine weitere Fräskante habe erwarten müssen.
Hiergegen wenden sich beide Parteien jeweils mit dem Rechtsmittel der Berufung und dem Ziel, mit ihren jeweiligen Anträgen vollumfänglich zu obsiegen.
Landgericht: Klage abgewiesen
Das LG hat dem Antrag der Beklagten auf Klageabweisung vollumfänglich stattgegeben und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schmerzensgeld oder materiellen Schadenersatz gegen die Beklagte. Der Beklagten könne bereits keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. Auf ein mögliches Mitverschulden der Klägerin komme es vor diesem Hintergrund schon nicht mehr an.
Grundsätzlich Verkehrssicherungspflicht bei Gefahrenquelle, ...
Im Grundsatz sei der, der eine Gefahrenquelle schafft, dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu vermeiden. Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflicht beginne erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkennbar sei. Entscheidend seien daher auch die äußeren Gesamtumstände. Für Gefahrenstellen innerhalb eines erkennbaren Baustellenbereiches bedeute dies, dass nicht jede Unebenheit besonders gekennzeichnet werden müsse. Unebenheiten seien in Baustellenbereichen grundsätzlich zu erwarten. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte den Baustellenbereich ausreichend deutlich gekennzeichnet. Bei einer Fräskante handele es sich um eine typische Baustellenunebenheit, mit der ein Fußgänger im Bereich einer Baustelle zu rechnen hätte.
... aber erkennbarer Baustellenbereich und Dunkelheit erfordern erhöhte Aufmerksamkeit
Die Sturzstelle liege auf einer untergeordneten Straße mit deutlich erkennbaren erheblichen Beschädigungen, die vor allem dem Fahrzeugverkehr gewidmet sei. Fußgänger dürften hier keinen hindernisfreien Weg erwarten, wie beispielsweise bei einer Fußgängerzone. Die Straße sei zum Zeitpunkt des Vorfalls bei Dunkelheit (20:20 Uhr an einem Februartag) nicht durchgängig beleuchtet gewesen, weswegen Fußgänger in eigener Verantwortung besonders auf den Fahrbahnbelag zu achten hätten. Durch die Aufstellung der Warnbaken mit Blinklichtern und das erkennbar vorübergehend angeordnete Einfahrtsverbot für Fahrzeuge aller Art hätte der Klägerin bewusst sein müssen, dass sie einen Baustellenbereich betrete. Wie bereits ausgeführt, habe sich der Straßenbelag schon zuvor in einem schlechten Zustand befunden. Dass bei einer Baustelleneinrichtung daher (auch) Ausbesserungsarbeiten am Straßenbelag durchgeführt werden, sei zu erwarten. Dies schließe ebenfalls Abfräsarbeiten von altem Straßenbelag mit ein.
Quelle | LG Koblenz, Urteil vom 31.1.2025, 13 S 32/24, PM des LG
AUSGABE: WCR 10/2025, S. 0 · ID: 50529538