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Kindesunterhalt„Verfolgung“ eines übergegangenen Unterhaltsanspruchs durch die UVG-Kasse – das ist neu

Abo-Inhalt 11.12.2024 4 Min. Lesedauer Von RiOLG Paul Wesseler, Hamm

| § 7a UVG ist mit dem 1.1.25 außer Kraft getreten. Dennoch lohnt es sich, dafür zu kämpfen, dass ein auf die UVG-Kasse übergegangener Unterhalts-anspruch nicht verfolgt wird. |

1. Ausgangslage

Gem. § 7a UVG i. d. F. bis zum 31.12.24 werden nach § 7 UVG übergegangene Unterhaltsansprüche nicht verfolgt, solange der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebt, Leistungen nach dem SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen i. S. v. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II verfügt. Diese Norm ist mit Wirkung ab dem 1.1.25 aufgehoben worden.

2. BGH-Rechtsprechung

Der BGH hatte sich damit noch in seiner Entscheidung vom 31.5.23 (XII ZB 190/22, Abruf-Nr. 236194) beschäftigt. Obwohl § 7a UVG aufgehoben worden ist, wirken sich die Erwägungen des BGH auf Fälle aus, in denen bei Unterhaltsanspruchsübergang auf die UVG-Kasse der Unterhaltspflichtige im maßgeblichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II bezogen hat:

Der Fall des BGH

Das Land NRW (L) macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse gegen den Vater V Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht geltend für dessen Tochter T (geb.: Juli 2013). T lebt bei ihrer Mutter. L begehrt in allen Instanzen erfolglos für die Zeit ab Januar 2020 Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht i. H. v. 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des Kindergeldes. V bezog während des gesamten Unterhaltszeitraums ausschließlich Leistungen nach dem SGB II.
§ 7a UVG schließt den Anspruchsübergang nicht aus. Vielmehr setzt er diesen voraus und damit auch, dass ein Unterhaltsanspruch gegeben ist. Dieser kann auch bestehen, wenn der Schuldner aktuell kein Einkommen erzielt und existenzsichernde Sozialleistungen bezieht. Denn die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit setzt nur voraus, dass er in der Lage ist, das Einkommen zu erzielen, das erforderlich ist, um den Unterhalt aufzubringen. Kommt er der Erwerbsobliegenheit nicht nach, ist er dennoch unterhaltsleistungsfähig (fiktive Leistungsfähigkeit).
Im Unterschied zu anderen Tatbeständen (§ 33 SGB II, § 94 SGB XII) geht der Unterhaltsanspruch auch in diesen Fällen auf den Sozialleistungsträger über. § 7a UVG hindert(e) bereits die Geltendmachung durch die UVG-Kasse.
Die Reichweite der Norm ist aber umstritten: Das OLG Celle meint, der Begriff „verfolgt“ beziehe sich auf die Zwangsvollstreckung (11.5.23, 21 WF 43/23, juris). Der BGH bestätigt die Ansicht des OLG Hamm, wonach der Begriff „verfolgt“ auch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs umfasse (2.2.23, 11 UF 46/22, juris).
Der Ansicht des OLG Hamm ist zu folgen: § 7a UVG entfaltet schuldnerschützende Wirkung und ist keine bloße Ordnungsvorschrift. Denn die Norm bezieht die Interessen des Unterhaltspflichtigen, hinsichtlich dessen Obliegenheiten sie die sozialrechtlichen Anforderungen (Fördern und Fordern) offensichtlich als ausreichend angesehen hat, in die Betrachtung mit ein und dient damit auch dessen Schutz.

Der Wegfall des § 7a UVG bedeutet Folgendes: Auch wenn der Unterhaltsschuldner SGB-II-Leistungen bezieht, kann der UVG-Träger (in NRW das Land NRW) gegen ihn vorgehen, also den nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsanspruch verfolgen (gerichtlich geltend machen und vollstrecken).

Handlungsempfehlungen der SFK 3

In den Handlungsempfehlungen der Ständigen Fachkonferenz 3 (SFK 3) „Unterhalts-, Unterhaltsvorschuss- und Abstammungsrecht“ vom 22.2.24 heißt es dazu:
Auch wenn § 7a UVG ersatzlos gestrichen wird, wird das Thema insbesondere die UV-Stellen noch länger beschäftigen. Auch unter Beachtung möglicher weiterer Gerichtsentscheidungen ist eine fortwährende Begleitung der UV-Stellen durch entsprechende Konkretisierungen der Richtlinien zum UVG wünschenswert. Hier sollten keine strikten Vorgaben zur schnelleren Titulierung ausgesprochen werden, sondern in das fachgerechte Ermessen der UV-Stellen gelegt werden. Die Grundproblematik, die sich am § 7a UVG zeigt, dass in vielen Fällen nicht werthaltige Titel geschaffen wurden, bleibt ansonsten bestehen.
Praxistipp | Wenn man einen Unterhaltsschuldner vertritt, der SGB-II-Leistungen erhält, könnte man sich auf die Ausführungen der SFK 3 beziehen, um die Behörde davon abzuhalten, ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Argument: Trotz Wegfalls des § 7a UVG spricht die bisherige BGH-Rechtsprechung dafür, von einer gerichtlichen Geltendmachung abzusehen. Insbesondere die Überlegung, dass § 7a UVG schuldnerschützende Wirkung entfaltet und keine bloße Ordnungsvorschrift darstellt, kann für den Schuldner geltend gemacht werden. Zweck der Verwaltungserleichterung spricht gegen schematische „Verfolgung“.

Dem steht auch nicht die Gesetzesbegründung der Bundesregierung (Drucks. 20/11306 des Deutschen Bundestage) entgegen: „Diese Regelung wurde zum 1.7.17 mit dem Ziel der Verwaltungserleichterung neu in das Gesetz eingefügt. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht, weshalb die Regelung aufgehoben wird. Die Regelung ist beim Unterhaltsrückgriff nicht hilfreich und vermindert den Rückgriffserfolg bei der Gruppe der barunterhaltspflichtigen Elternteile im SGB-II-Leistungsbezug. Die mit der Regelung angestrebte Verwaltungserleichterung kann zudem durch eine Ermessensausübung in der Sachbearbeitung im Einzelfall leichter erzielt werden. Außerdem ist es aufwendiger, die Voraussetzungen des § 7a UVG regelmäßig zu klären, als erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen.“

Es ist weiterhin eine Verwaltungserleichterung gewollt. Diese soll durch eine

Ermessensausübung erreicht werden. Darauf müsste der Anwalt – falls die

Behörde weiter schematisch vorgeht – hinweisen.

Ausgabe: 1/2025, S. 15 · ID: 50242274

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