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VerbraucherinsolvenzVersagung der Restschuldbefreiung bei verspäteter Zahlung der Treuhändervergütung

Top-BeitragLeseprobe06.04.20255 Min. Lesedauer

| Durch das Verbraucherinsolvenzverfahren und die hier für den Schuldner zu erlangende Restschuldbefreiung droht der Gläubiger, einen begründeten Anspruch wirtschaftlich zu verlieren. Er ist dann nicht mehr durchsetzbar (§ 301 InsO). Das verlangt, dass der Schuldner in der verkürzten Wohlverhaltensphase seinerseits alle Pflichten erfüllt, um diese Privilegierung zu erlangen. Tut er dies nicht, muss die Versagung der Restschuldbefreiung konsequent verfolgt werden, um den Anspruch zu retten. Das LG Lübeck zeigt hierfür eine in der Praxis wichtige Fallgruppe. |

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Sachverhalt

Der Schuldner wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 InsO auf Antrag der Treuhänderin. Das Insolvenzgericht hatte den Schuldner am 7.5.24 aufgefordert, binnen zwei Wochen die Mindestvergütung an die Treuhänderin zu zahlen, nachdem der Schuldner auf deren Aufforderung zur Zahlung trotz Fristsetzung und Belehrung über die Gefahr der Versagung der Restschuldbefreiung nicht reagiert hatte. Nachdem die Zahlung auch auf die gerichtliche Forderung nicht eingegangen ist, wurde dem Schuldner die ursprünglich in Aussicht gestellte Restschuldbefreiung mit Beschluss vom 18.6.24 versagt. Erst am 21.6.24 hat der Schuldner die Mindestvergütung von 119 EUR an die Treuhänderin gezahlt.

Entscheidungsgründe

Die Auffassung des Schuldners, aufgrund der erfolgten Zahlung sei die Versagung der Restschuldbefreiung nicht gerechtfertigt, teilt das LG nicht.

Leitsatz: LG Lübeck 30.9.24, 7 T 420/24

Die Versagung der Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders kann nicht unterbleiben, wenn der Schuldner die Mindestvergütung an den Treuhänder erst nach Ablauf der gerichtlich gesetzten Zwei-Wochen-Frist einzahlt (Abruf-Nr. 247130).

Das Insolvenzgericht versagt nach § 298 Abs. 1 InsO die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders, wenn die an diesen abgeführten Beträge für das vorangegangene Jahr seiner Tätigkeit die Mindestvergütung nicht decken und der Schuldner den fehlenden Betrag nicht einzahlt, obwohl ihn der Treuhänder schriftlich zur Zahlung binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen aufgefordert und ihn dabei auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung hingewiesen hat. Dies gilt nicht, wenn die Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a InsO gestundet wurden. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Die Versagung unterbleibt dann nach § 298 Abs. 2 S. 2 InsO nur, wenn der Schuldner binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht den fehlenden Betrag einzahlt oder ihm dieser entsprechend § 4a gestundet wird.

Die vorgenannten Voraussetzungen lagen im konkreten Fall vor. Insbesondere hat das AG den Schuldner mit Verfügung vom 7.5.24 nochmals zur Zahlung an die Treuhänderin aufgefordert, ihm hierzu eine Zwei-Wochen-Frist gesetzt, ihm die Möglichkeit eines Antrags auf Stundung der Verfahrenskosten aufgezeigt und ihn auf die Folgen einer (verspäteten) Zahlung hingewiesen. Trotzdem ist eine Zahlung der Mindestvergütung von 119 EUR nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung erfolgt, sondern erst am 21.6.24.

Die Zahlung ist damit verspätet erfolgt und konnte nicht mehr dazu führen, dass der von der Treuhänderin gestellte Antrag unbegründet wird. Die in § 298 Abs. 2 S. 2 InsO genannte Frist von zwei Wochen seit der Aufforderung durch das Gericht muss der Schuldner einhalten. Diese Frist kann nicht verlängert werden, vielmehr handelt es sich um die letzte Gelegenheit des Schuldners, um die Versagung der Restschuldbefreiung abzuwenden (LG Göttingen NZI 11, 292; Sternal in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 298 InsO, Rn. 19; MüKo/Stephan, InsO, 4. Aufl., § 298 InsO, Rn. 18; Büttner, VIA 22, 54).

Das ist allerdings umstritten (zur Gegenauffassung siehe LG Hannover NZI 22, 571; Riedel in: BeckOK Insolvenzrecht, 36. Ed. (Stand: 15.7.24), § 298 InsO, Rn. 9; Henning in: Schmidt, 20. Aufl., § 298 InsO, Rn. 6; Kothe, VuR 23, 275). Nach a. A. erwachse die Versagung nach § 298 InsO nicht in materielle Rechtskraft, weil die Entscheidung einem erneuten Restschuldbefreiungsantrag nicht nach § 287a Abs. 2 Nr. 2 InsO entgegenstehen würde, sodass eine verspätete Zahlung zur Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung führe.

Dem folgt das LG Lübeck allerdings nicht. Gegen diese Auffassung spreche, dass die Gesetzesformulierung „versagt, wenn“ § 298 Abs. 1 InsO dem Gericht kein Ermessen hinsichtlich der Versagungsentscheidung einräume und auch keine Prüfung der Gründe für die fehlende Zahlung erfolge (Büttner, VIA 22, 54). Gleiches gelte für die Gesetzesformulierung „unterbleibt, wenn“ in § 298 Abs. 2 S. 2 InsO. Zudem differenziere § 287a Abs. 1 S. 1 InsO nicht zwischen den einzelnen Versagungsgründen (Büttner, VIA 22, 54).

Vor allem sei aber systematisch zu berücksichtigen, dass das Erfordernis der gerichtlichen Zwei-Wochen-Frist in § 298 Abs. 2 InsO gerade nicht in S. 1 bei der Notwendigkeit der Anhörung des Schuldners aufgeführt ist in dem Sinne, dass der Schuldner vor der Entscheidung anzuhören ist und er durch das Gericht zur Zahlung der Mindestvergütung binnen zwei Wochen aufgefordert wird. Vielmehr habe der Gesetzgeber in Abs. 2 S. 2 eine Ausnahme zur Rechtsfolge der Sanktionierung in der Form der Versagung der Restschuldbefreiung gegeben. Dieser Abs. 2 S. 2 hat aber nur dann einen eigenständigen Regelungsgehalt, wenn es nicht nur auf die Zahlung der Mindestvergütung als solche, sondern auch auf die Einhaltung der gerichtlichen Zwei-Wochen-Frist ankommt. Kommt es nämlich auf die Einhaltung dieser Frist nicht an, würde die (verspätete) Zahlung die Versagung der Restschuldbefreiung schon nach Abs. 1 entfallen lassen.

Insofern bleibe in den Fällen der nachträglichen Zahlung der Mindestvergütung lediglich die Möglichkeit der Rücknahme des Versagungsantrags. Dies hatte die Treuhänderin im konkreten Fall jedoch abgelehnt.

Das LG hatte in Anbetracht der unterschiedlichen Auffassungen zu § 298 Abs. 2 S. 2 InsO die Rechtsbeschwerde zugelassen, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO). Soweit zu ersehen, wurde die Möglichkeit aber von dem Schuldner nicht genutzt.

Relevanz für die Praxis

Gläubiger müssen konsequent darauf achten, dass Treuhänder den Schuldner zur Zahlung nach Maßgabe des § 298 Abs. 1 InsO auffordern und Versagungsanträge stellen, wenn dem nicht entsprochen ist. Es ist dann nachzuhalten, dass auch das Insolvenzgericht konsequent anhört und Zahlungsfristen setzt und – ohne Ermessensspielraum – bei Nichtzahlung nach Fristablauf die Restschuldbefreiung versagt.

Schuldner sind durch die verkürzte Frist der Wohnverhaltensphase, die vielfachen Belehrungen und mehrfachen Zahlungsfristen hinreichend privilegiert. Wer hier den Bogen überspannt, muss zu Recht die negativen Konsequenzen tragen.

AUSGABE: FMP 4/2025, S. 62 · ID: 50350145

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