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AnrechnungNach mehr als zwei Kalenderjahren wird die Geschäftsgebühr nicht mehr angerechnet

Abo-Inhalt 12.04.2024 2 Min. Lesedauer Von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

| Liegen zwischen der Beendigung der außergerichtlichen Vertretung und dem Auftrag zur Einreichung der Klage mehr als zwei Kalenderjahre, wird nach Ansicht des AG Stralsund die Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht angerechnet. |

Sachverhalt

Im Rahmen einer Schadensregulierung endete die außergerichtliche Tätigkeit des späteren Prozessbevollmächtigten P für die Klägerin K am 20.11.19. Zu diesem Zeitpunkt rechnete P gegenüber K eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer ab. Im Dezember 2022 erteilte K P den Auftrag, Klage einzureichen und dabei auch die vorgerichtliche Geschäftsgebühr einzuklagen. Die Klage hatte Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten B auferlegt. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte K die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr, ohne die Geschäftsgebühr anzurechnen. Das AG Stralsund – Zweigstelle Bergen auf Rügen – gab ihr Recht (2.1.24, 22 C 109/22, Abruf-Nr. 239214).

Relevanz für die Praxis

Immer wieder wird in der Praxis die einschränkende Regelung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG bei der Anrechnung verkannt. Dort heißt es: „Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen.“ Diese Regelung ist vom Wortlaut eindeutig, unmissverständlich und sogleich zweckmäßig. Sie trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass nach einer längeren Unterbrechung einer Rechtsverfolgung eine erneute Einarbeitung des Bevollmächtigten erforderlich ist. Erforderlich sind zwei Kalenderjahre. Zwei Jahre allein reichen nicht aus.

Vergleichbare Fälle können sich nach einem Mahnverfahren ergeben, wenn nach Widerspruch gegen einen Mahnbescheid die Sache zunächst zwei Jahre nicht betrieben und dann erst die Abgabe an das Streitgericht beantragt wird. Hier wird die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens nicht auf die Verfahrensgebühr des streitigen Verfahrens angerechnet (AG Siegburg AGS 16, 268).

Auch der Einwand, die K habe sich missbräuchlich verhalten, weil sie früher hätte Klage erheben können, greift nicht. Es ist die freie Entscheidung einer Partei, ob und wann sie Klage erhebt. Zumal war es die B selbst, die durch jahrelange Verschleppung der Regulierung berechtigte Ansprüche die – aus ihrer Sicht vermeidbaren – Mehrkosten veranlasst hat. Im Übrigen hätte die B eine negative Feststellungsklage erheben können, um die Rechtslage zu klären. Dann wäre die Geschäftsgebühr anzurechnen gewesen. Ähnlich verhält es sich im Mahnverfahren. Hier kann der Antragsgegner nach § 696 Abs. 1 ZPO selbst den Streitantrag stellen, damit die Zweikalenderjahresfrist unterbrechen und die Anrechnung erzwingen.

Ausgabe: 5/2024, S. 80 · ID: 49980823

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