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ArbeitszeugnisDank und Wünsche: Kein integraler Bestandteil

Leseprobe15.09.202541 Min. LesedauerVon RA und Notar Armin Rudolf, FA ArbR, ADIURO.Rechtsanwälte Tesche, Berndt PartG mbB, Hannover

| Das „Arbeitszeugnis“ ist vor den Gerichten stets ein beliebtes Thema. So erteilte das BAG (25.1.22, 9 AZR 146/21, Abruf-Nr. 229365) der jüngsten Rechtsprechung des LAG Düsseldorf zur Zeugniserteilung eine deutliche Absage. Worum es dabei im Einzelnen ging, erfahren Sie nachfolgend. |

Sachverhalt

Das LAG Düsseldorf (12.1.21, 3 Sa 800/20, AA 21, 208) entschied, dass ein ArbN, dem in seinem Arbeitszeugnis ein einwandfreies Verhalten und (zumindest leicht) überdurchschnittliche Leistungen attestiert werden, auch einen Rechtsanspruch auf den Ausspruch von Dank und guten Wünschen für die Zukunft habe, soweit dem nicht im Einzelfall berechtigte Interessen des ArbG entgegenstehen. Das folge aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 241 Abs. 2 BGB, das die Leistungspflicht zur Zeugniserteilung nach § 109 GewO konkretisiere.

1. BAG bestätigt seine bisherige Rechtsprechung

Das BAG lehnt diese Sichtweise ab. Es begründet die Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG 11.12.12, 9 AZR 227/11), nach der ArbN keinen Anspruch auf die Aufnahme einer persönlichen Schlussformel in einem Arbeitszeugnis haben, damit, dass die Meinungs- und Unternehmerfreiheit des ArbG schwerer wiege als die Berufsausübungsfreiheit der ArbN. Wäre eine Dankes- und Wunschformel ein notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, müssten ArbG innere Gedanken und Gefühle äußern, die den aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden ArbN betreffen. Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten negativen Meinungsfreiheit könnten ArbG aber nach Auffassung des BAG nicht gezwungen werden, Dank und gute Wünsche zu äußern, wenn sie hierzu lieber schweigen wollten.

2. Einordnung der Entscheidung

Es ist zu begrüßen, dass das BAG an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, denn die private Lebensführung und -gestaltung sowie der Lebenserfolg sind weder Gegenstand des bisherigen noch des neuen Arbeitsverhältnisses. Wünsche für die private Zukunft berühren nicht den Bereich der Erwerbstätigkeit von ArbN. Kämen sie in einer Schlussformel nicht zum Ausdruck, werde der Respekt und die Wertschätzung ihrer Arbeitsleistung im bisherigen Arbeitsverhältnis nicht geschmälert.

Praxistipp | Das BAG stellt zwar klar, dass weder aus dem Rücksichtnahmegebot noch aus Höflichkeit oder einer gewissen Erwartungshaltung heraus ein Anspruch des ArbN auf die Schlussformulierung im Zeugnis besteht. Es lässt aber die Frage offen, ob dies auch gilt, wenn ein ArbG in den Zeugnissen standardmäßig entsprechende Schlussformeln verwendet. ArbG sollten daher prüfen, ob sie dem ArbN danken und ihm für die Zukunft alles Gute wünschen wollen. Sollten ArbG standardmäßig Dankes-Bedauern-Formeln mit guten Zukunftswünschen verwenden und sich nur ausnahmsweise bei einem ausgeschiedenen ArbN hiergegen sperren, käme unter Umständen ein Anspruch des ehemaligen ArbN aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht.

AUSGABE: AA 10/2022, S. 173 · ID: 48585268

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