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Betriebliche AltersversorgungUpdate 2024: BAV bei geringfügig Beschäftigten – diese Gestaltungen sind möglich und sinnvoll

Top-Beitrag Abo-Inhalt 01.01.2024 8 Min. Lesedauer Von Dr. Claudia Veh, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

| Geringfügig entlohnte Beschäftigte oder Minijobber können aufgrund des geringen Einkommens kaum private Eigenvorsorge fürs Alter betreiben. Die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind minimal. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Gestaltungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bei Minijobs möglich und sinnvoll sind. LGP gibt einen Überblick über die aktuellen Möglichkeiten. |

Arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung

Der Arbeitgeber kann auch einem Minijobber eine betriebliche Versorgungszusage erteilen. Dabei sind Besonderheiten bei den Durchführungswegen zu beachten.

Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds (§ 3 Nr. 63 EStG)

Versorgungen über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds sind als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4, 4c und 4e EStG abzugsfähig. Das gilt unabhängig von der Höhe der Versorgung (BMF, Schreiben vom 03.11.2004, Az. IV B 2 – S 2176 - 13/04, Abruf-Nr. 050723).

Praxistipp | Auch ein Minijobber kann eine nach § 3 Nr. 63 EStG geförderte betriebliche Altersversorgung von seinem Arbeitgeber bekommen. Eine eventuelle und aufgrund des geringen Einkommens leicht eintretende Überversorgung (Leistung höher als 75 Prozent der steuerlich anerkannten Aktivbezüge) beanstandet die Finanzverwaltung nicht. Voraussetzung für die Förderung ist jedoch, dass es sich um das erste Arbeitsverhältnis (nicht Lohnsteuerklasse VI) handelt.

Im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG können bis zu acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) jährlich steuer- und bis zu vier Prozent der BBG sozialversicherungsfrei für eine bAV aufgewandt werden. Im Jahr 2024 sind dies 7.248 Euro bzw. 3.624 Euro (2023: 7.008 Euro bzw. 3.504 Euro jährlich; § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV; BMF, Schreiben vom 12.08.2021, Az. IV C 5 – S 2333/19/10008 :017, Abruf-Nr. 224141, Az. IV C 5 – S 2333/09/10005; Randziffer [Rz.] 28).

Praxistipp | Falls Beiträge über vier Prozent der BBG für eine bAV eines Minijobbers aufgewandt werden sollen, sollte man für den Teil, der über vier Prozent der BBG liegt, einen Durchführungsweg außerhalb der § 3 Nr. 63 EStG Förderung wählen, wenn man keine Sozialabgaben für die bAV auslösen möchte und den Mini-Job-Status nicht gefährden möchte. Bei Beiträgen oberhalb von vier Prozent der BBG wird deshalb im Fall der Fälle auf die Direktzusage oder Unterstützungskasse zurückgegriffen.
Monatliches Minijob-Gehalt 2024
538 Euro
538 Euro
Arbeitgeberfinanzierter Beitrag in eine Direktversicherung (§ 3 Nr. 63 S. 1 bAV)
302 Euro
(sv-frei 3.624 Euro : 12)
392 Euro
(sv-frei 302 Euro)
sv-pflichtiges Entgelt
538 Euro
→ Minijob
628 Euro (= 538 Euro + 90 Euro)
→ kein Minijob

Der Arbeitgeber kann für seine Beiträge in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds die Förderung nach § 100 EStG für geringfügig Beschäftigte nutzen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer im ersten Dienstverhältnis angestellt ist und der jährliche förderfähige Arbeitgeberbeitrag mindestens 240 Euro und maximal 960 Euro beträgt. Wenn der Arbeitgeber diese Förderung nutzt, erhält er 30 Prozent der Beiträge als Ersparnis bei der nächsten Lohnsteuerzahlung. Auch hier gilt, dass die Beiträge für den Arbeitnehmer steuerfrei sind und – zusammen mit den Beiträgen nach § 3 Nr. 63 EStG – bis zu vier Prozent der BBG sozialabgabenfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV). Die Ersparnis bei der Lohnsteuer macht diese Form der bAV für den Arbeitgeber besonders attraktiv.

Das gilt für Direktzusage und Unterstützungskasse

Bei Zusagen über die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse ist das Stichtagsprinzip maßgeblich. So können bei Zuwendungen zur Unterstützungskasse und bei der Bildung von Pensionsrückstellungen nur Veränderungen berücksichtigt werden, die am Bilanzstichtag feststehen. Es darf bei der Versorgung demnach keine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen vorliegen.

Die Frage, ob und wann eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend ist gemäß obigem BMF-Schreiben vom 03.11.2004, ob unter Heranziehung objektiver Merkmale das überdurchschnittlich hohe Versorgungsniveau von vornherein beabsichtigt worden oder eine Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen anzunehmen ist.

Wichtig | Das BMF geht regelmäßig von einer Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen aus, wenn die 75-Prozent-Grenze überschritten wird. Diese besagt, dass die zugesagten Leistungen der bAV zusammen mit einer zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht höher als 75 Prozent der steuerlich anerkannten Aktivbezüge des Versorgungsberechtigten sein dürfen.

Praxistipp | Ein Arbeitgeber wird bei einem Minijob eher selten eine so generöse durch ihn finanzierte bAV zusagen, dass die 75-Prozent-Grenze eine Rolle spielt. In der Praxis werden ohnehin meist die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds für die bAV von Minijobbern gewählt, die – wie oben skizziert – im Hinblick auf die 75-Prozent-Grenze unproblematisch sind. Wählt ein Arbeitgeber aber die Unterstützungskasse oder Direktzusage, muss er die 75-Prozent-Grenze einhalten, wenn er den Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen nicht gefährden will.

Wichtig | Arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur bAV sind in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse unbegrenzt steuer- und sozialversicherungsfrei. Sprich: Auch bei einer arbeitgeberfinanzierten bAV, die über vier Prozent der BBG liegt, ist der Minijob-Status nicht gefährdet.

Folgende Kombinationen aus Minijob-Gehalt und bAV sind daher möglich:

Beispiele für Kombinationen aus Minijob-Gehalt und bAV

Gehalt
538 Euro
538 Euro
538 Euro
§ 3 Nr. 63 S. 1 bAV, arbeitgeberfinanziert
302 Euro (sv-frei 3.624 Euro : 12)302 Euro
Zuwendung zu Unterstützungskasse
100 Euro400 Euro
sv-pflichtiges Entgelt
538 Euro→ Minijob538 Euro→ Minijob538 Euro→ Minijob

Arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung

Eine Entgeltumwandlung im Minijob ist grundsätzlich möglich. Einen Rechtsanspruch nach § 1a BetrAVG haben Arbeitnehmer jedoch nur, wenn sie nicht gegen die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung optiert haben. Denn nur in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte haben einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung (§ 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG). Dieser Anspruch beläuft sich auf vier Prozent der BBG West (2024: 3.624 Euro jährlich bzw. 302 Euro monatlich). Kaum ein Minijobber dürfte sich jedoch aus wirtschaftlichen Gründen eine Entgeltumwandlung in dieser Größenordnung leisten können.

Wichtig | Ist ein Minijobber nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, ist Entgeltumwandlung nur möglich, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

Bei Entgeltumwandlung zählen Beiträge bis zu vier Prozent der BBG in einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV nicht zum Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung. Das gilt ebenso für die Beiträge bis zu vier Prozent der BBG im Durchführungsweg Direktzusage bzw. Unterstützungskasse (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 und 11 SvEV, § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

Wichtig | Innerhalb dieser beiden „Gruppen“ kann der sozialversicherungsfreie Entgeltbetrag aber nur einmal genutzt werden.

Beispiel

Es ist also möglich, vier Prozent der BBG sozialversicherungsfrei im Rahmen einer Unterstützungskasse oder Direktzusage umzuwandeln und dann noch vier Prozent der BBG in einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds (nach § 3 Nr. 63 EStG). Bei der gleichzeitigen Umwandlung in eine Pensionskasse und in eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG wären nur insgesamt einmal vier Prozent der BBG sozialversicherungsfrei.

Wichtig | Bei Entgeltumwandlung ist keine Angemessenheitsprüfung („75-Prozent-Grenze“) nötig, und zwar weder hinsichtlich der umgewandelten Entgeltbeträge noch der hieraus resultierenden Leistungen.

Zu beachten ist: Der Arbeitgeber muss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG einen verpflichtenden Zuschuss zur Entgeltumwandlung in Höhe der eingesparten Sozialabgaben bzw. in Höhe von 15 Prozent pauschal auf die Entgeltumwandlung leisten. Der Zuschuss wird direkt vom Arbeitgeber an die Versorgungseinrichtung abgeführt. Dies gilt jedoch nur bei Entgeltumwandlung in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds.

Beispiele

Monatliches Gehalt 2024
538 Euro
538 Euro
Entgeltumwandlung in eine Direktversicherung (§ 3 Nr. 63 S. 1 bAV; sv-frei vier Prozent der BBG = 302 Euro)
150 Euro
302 Euro
Zuschuss des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung, 15 Prozent
22,50 Euro
45,30 Euro
Beitragspflichtiger Teil des Zuschusses
0 Euro
45,30 Euro
sv-pflichtiges Entgelt
388 Euro
→ Minijob
281,30 Euro
→ Minijob

Niedriglohnjob kann zu Minijob werden

Ein Arbeitnehmer kann durch Entgeltumwandlung von einem Niedriglohnjob in ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis rutschen, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt nach Entgeltumwandlung und unter Berücksichtigung des Arbeitgeberzuschusses nicht höher ist als 538 Euro monatlich.

Gehalt
600 Euro
Entgeltumwandlung § 3 Nr. 63 EStG
100 Euro
Zuschuss zur Entgeltumwandlung
15 Euro
sv-pflichtiges Entgelt
500 Euro → Minijob

Kombination arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte bAV

Kommen arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte bAV zusammen, können die steuer- und sozialversicherungsfreien Höchstbeträge insgesamt nur einmal je „Gruppe“ genutzt werden, also nicht bis zu acht bzw. vier Prozent der BBG für die arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung und acht bzw. vier Prozent für die arbeitnehmerfinanzierte Pensionskasse, sondern eben insgesamt nur einmal acht respektive vier Prozent der BBG je „Gruppe“. Möglich wäre es dagegen, Entgelt in Höhe von acht bzw. vier Prozent der BBG in eine nach § 3 Nr. 63 EStG geförderte bAV umzuwandeln und dies mit einer arbeitgeberfinanzierten bAV in einer Unterstützungskasse (oder als Direktzusage) zu kombinieren.

Beispiele für bAV-Kombinationen und deren Einfluss auf den Minijob-Status

Gehalt
720 Euro
720 Euro
720 Euro
720 Euro
Entgeltumwandlung
§ 3 Nr. 63 EStG
250 Euro
302 Euro
Arbeitgeberzuschuss zur
Entgeltumwandlung (15 Prozent)
37,50 Euro
45,30 Euro
Arbeitgeberfinanzierte
bAV § 3 Nr. 63 EStG
100 Euro
200 Euro
Entgeltumwandlung
Unterstützungskasse/Direktzusage
100 Euro
50 Euro
100 Euro
500 Euro
Arbeitgeberfinanzierte
Unterstützungskasse/Direktzusage
100 Euro
200 Euro
sv-pflichtiges Entgelt
370 Euro
(= 720 ./. 350)
→ Minijob
513,30 Euro
(= 720 ./. 302 + 45,30 + 100 ./. 50)
→ Minijob
620 Euro
→ kein Minijob
418 Euro (= 720 ./. 302)
→ Minijob

So funktioniert das Modell der Minijob-Rente

Ein unter dem Begriff Minijob-Rente bekanntes Modell der bAV für Minijobber sieht vor, dass durch Mehrarbeit des einzelnen Arbeitnehmers eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben werden kann. Der Arbeitnehmer erhöht seine wöchentliche Arbeitszeit um ein oder zwei Stunden, ohne hierfür mehr Gehalt zu bekommen und ohne seinen Status als Minijobber zu verlieren. Der nicht ausgezahlte Lohn für diese zusätzlichen Arbeitsstunden fließt in eine betriebliche Altersversorgung.

Handelt es sich um das erste Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers („nicht Lohnsteuerklasse VI“), wird als Durchführungsweg im Allgemeinen die Direktversicherung gewählt, ansonsten der Durchführungsweg Unterstützungskasse. Da die Beiträge zur bAV in dieser Größenordnung steuer- und sozialversicherungsfrei investiert werden können, fallen keine zusätzlichen Steuern oder Sozialabgaben an.

Im Prinzip handelt es sich aus Sicht des Arbeitnehmers wirtschaftlich betrachtet um Entgeltumwandlung, wobei er nach wie vor sein bisheriges Minijob-Einkommen erhält und die bAV durch Mehrarbeit erarbeitet.

Inwiefern Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersversorgung aus individueller Sicht sinnvoll für den Mitarbeiter ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Seitdem zum 01.10.2022 die Belastung mit Sozialabgaben im Gleitzonen-Bereich (aktuell von 538,01 Euro bis 2.000 Euro monatliches Entgelt) abgemildert wurde, bleibt von einer Gehaltserhöhung bzw. Mehrarbeit mehr netto übrig als noch vor dieser Änderung. Das kann eine Entgeltumwandlung unattraktiv erscheinen lassen; hinzu kommt, dass Leistungen der bAV in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Versorgungsbezüge zu verbeitragen sind. Auf der anderen Seite steht aber auch bei Minijobbern das Bedürfnis, eine Altersversorgung aufzubauen.

Ausgabe: 01/2024, S. 22 · ID: 49849312

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