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ManagementPlanungsbüro attraktiv und verkaufsfähig gestalten (Teil 1): Persönliche und strategische Aspekte

Leseprobe24.04.20258 Min. LesedauerVon Dipl.-Betriebswirt (FH), MBA Andreas Preißing, Vorstand Dr.-Ing. Preißing AG und Iris Kuhn, Bankfachwirtin (SBW); Beraterin Dr.-Ing. Preißing AG

| Was macht ein Planungsbüro zukunftsfähig – und wie lässt sich dessen Attraktivität nach innen und außen systematisch entwickeln? Diese dreiteilige Beitragsreihe geht dieser Frage anhand eines konkreten Musterfalls nach. Im Zentrum steht der Gedanke, ein Büro nicht nur operativ erfolgreich, sondern auch strategisch übergabefähig und wertvoll für Dritte aufzustellen. Denn was heute oft intuitiv funktioniert, wird morgen zum entscheidenden Kriterium bei Übergabe, Verkauf oder Neuausrichtung. |

Flexibilität und Freiheit für die Zukunft gewinnen

Als leidenschaftlicher Planer hat Thomas vor 17 Jahren sein eigenes Büro gegründet. Mit seinem eingespielten Team aus inzwischen neun Mitarbeitenden hat er bereits etliche Projekte erfolgreich realisiert und sich in der Branche einen Namen gemacht. Beruflich hat Thomas durch seinen hohen persönlichen und zeitlichen Einsatz mit seinen 52 Jahren viel erreicht. In letzter Zeit merkt er, dass er sich gerne wieder mehr Zeit für sein früheres Hobby, Rennrad fahren, nehmen möchte und überlegt, wie er sein Planungsbüro so führen kann, dass es sich weiterhin so positiv entwickelt, ihm gleichzeitig aber mehr zeitliche Flexibilität und Freiheit ermöglicht. Was also kann Thomas tun, um sein Unternehmen zukunftssicher und attraktiv aufzustellen? Teil 1 dieser Beitragsreihe beleuchtet zunächst den Faktor Persönlichkeit des Inhabers sowie das strategische Agieren in eine klare Richtung.

Klassische Büroführung: Die Spinne im Netz

Nach wie vor gibt es viele Architektur- und Ingenieurbüros, die aufgebaut, entwickelt und geführt werden, wie eine Spinne ihr Netz aufbaut. Von einem Startpunkt im Zentrum ausgehend wird konzentrisch ein Netz gewoben, welches bis zu einem bestimmten Punkt immer größer wird und durch Signalfäden sicherstellt, dass die Spinne im Zentrum mitbekommt, wenn sich an irgendeiner Stelle etwas tut. Nicht größer aber, als dass die Spinne das Netz nicht mehr alleine kontrollieren kann.

Der Aufbau und die Entwicklung des Planungsbüros von Thomas ist mit dieser Herangehensweise vergleichbar. Er hat in diesem ganz persönlich – für sich passend – begonnen, eine Struktur aufzubauen sowie immer größere und vielfältiger werdende Projekte zu bearbeiten. Thomas hat sukzessive Mitarbeiter eingestellt sowie Kommunikationswege und -regeln festgelegt. Immer jedoch so, dass möglichst wenige Informationen an ihm im Zentrum vorbeigehen. Entscheidungen werden vielfach rein auf Basis von Erfahrung und Intuition getroffen, was meistens auch sehr gut funktioniert und zu wirtschaftlichem Erfolg führt.

Das Bewusstsein für die mit dieser Art der Unternehmensführung verbundenen Schwierigkeiten setzt bei Thomas erst ein, als er sich Gedanken über einen möglichen, ungeplanten Ausfall macht und der Transfer der bestehenden Büro- und Führungsstruktur in eine neue Konstellation ansteht.

Was, wenn die Spinne im Zentrum des Netzes wegfällt oder Thomas als Büroinhaber ersetzt werden muss? Gerne möchte Thomas seinen Beruf noch viele Jahre ausüben. Dennoch setzt er sich das klare Ziel, sein Büro so zu entwickeln, dass er möglichst abkömmlich wird. Hierfür richtet er den Fokus darauf, die Attraktivität seines Planungsbüros nach innen – also für sein aktuelles Team mit einer klaren Führungsstruktur, genauso wie für zukünftige Mitarbeiter, als auch nach außen – gegenüber Kunden, potenziellen Investoren, Käufern und Wettbewerbern zu steigern.

Aktuell befinden sich viele Planungsbüros in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, die sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert hat, wie unter anderem auch eine Sonderumfrage der Bundesarchitektenkammer (BAK) aus dem Januar 2024 zeigt. Die Hauptgründe für diese negative Entwicklung sind gestiegene Baukosten, hohe Zinsen und langwierige Genehmigungsprozesse. Diese Faktoren führen dazu, dass viele Büros mit Projektpausen, -rückstellungen oder -absagen konfrontiert sind. Zudem kann die Mehrheit der Befragten nicht im gleichen Umfang Neuaufträge akquirieren wie in den vergangenen Jahren.

Rund 50 Prozent der Befragten rechnen für die kommenden 12 Monate mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation ihres Büros. Die Situation stellt Planungsbüros in Deutschland vor erhebliche Herausforderungen, die ihre Zukunftsaussichten beeinträchtigen könnten. Zusätzlich zu diesen Herausforderungen können laut Bundesbaublatt kleine und mittelständische Planungsbüros durch die von der EU-Kommission geforderte europaweite Ausschreibungspflicht öffentlicher Planungsaufträge weiter unter Druck geraten. Gerade auch wegen dieser äußeren Einflüsse sollte an der Attraktivität des eigenen Büros gearbeitet werden. Es gilt Maßnahmen zu ergreifen, welche das Ziel verfolgen, aufgrund struktureller Voraussetzungen, der Marktpositionierung und einer finanziell stabilen Lage von außenstehenden Dritten als zukunftsfähig wahrgenommen zu werden. Eine solche Ausstrahlung als Unternehmen ist anziehend und lässt sich anhand verschiedener Faktoren gezielt planen und gestalten.

Strategische Büroentwicklung

Im Unterschied zur intuitiven und reaktiven Büroführung, wie Thomas sie betreibt, verfolgt eine strategische Büroentwicklung den Ansatz, mit einem Planungsbüro als Unternehmen möglichst unabhängig von der Inhaberpersönlichkeit langfristig erfolgreich zu sein, um gegenüber unterschiedlichen Stakeholdern Attraktivität auszustrahlen und eine werthaltige Struktur und Marktpositionierung zu sichern. Um diese Ziele zu erreichen, empfiehlt es sich, die Perspektive zu wechseln: Bewusst aus dem Zentrum des Geschehens, dem Spinnennetz, herauszutreten, und mit Abstand auf das eigene Wirken zu blicken. Fremdsicht einzunehmen bringt wertvolle Erkenntnisse, insbesondere auch für Schwächen. Attraktivität wird von anderen wahrgenommen. Es reicht nicht aus, sich selbst gut zu finden. Entscheidend ist, ob andere das Know-how, das Image, die Dienstleistungen und Konzepte etc. als spannend und attraktiv bewerten.

Aktuelle und zukünftige Mitarbeiter

Die Mitarbeitergewinnung stellt Planungsbüros seit einigen Jahren vor Herausforderungen. Wer heute Talente gewinnen möchte, hat bessere Chancen, wenn die Vorteile, die das Unternehmen als Arbeitgeber bietet, schon vor dem Bewerbungsprozess erkennbar sind. Wirksame, zum Unternehmen passende Kanäle, um sich als starke Arbeitgebermarke zu präsentieren und geeignete Kandidaten anzusprechen, sind nicht mehr klassische Anzeigenplattformen, sondern vorrangig in den sozialen Medien zu verorten.

Sobald ein Mitarbeiter neu ins Team kommt, gilt es diesen zu begeistern und langfristig zu binden, was durch eine positive Unternehmenskultur und verschiedene Benefits unterstützt werden kann. Bestehenden Mitarbeitern sollten Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden können und Möglichkeiten zur Erfolgsbeteiligung geprüft werden.

Bestehende und neue Bauherren

Um Auftraggeber zu gewinnen, müssen sich Büros im Wettbewerb behaupten und durch Alleinstellungsmerkmale sowie attraktive und aktuelle Referenzen in Verbindung mit einer guten Reputation eine starke Marke etablieren, egal ob bei öffentlichen Vergabeverfahren, Wettbewerben oder direkten Beauftragungen.

Potenzielle neue Anteilseigner oder Kaufinteressenten

Wer Geld in ein Büro investiert, möchte dass sich dies lohnt. Die Investition soll möglichst sicher und rentabel sein. Die Grundlage zur Generierung von Vertrauen in ein für einen Transfer bereitstehendes Planungsbüro bildet eine positive Umsatz- und Ergebnisentwicklung in der Vergangenheit in Verbindung mit wirtschaftlicher Stabilität und einer positiven Zukunftsprognose. Ebenfalls attraktiv wirkt auf potenzielle Übernehmer Innovationskraft, Wettbewerbsvorteile sowie eine starke Marktpositionierung:

PBP Grafik_Preißing.eps (Bild: IWW, Preißing)
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Bild: IWW, Preißing

Wenn Sie sich in der Betrachtungsweise (siehe Grafik) nicht im Korridor oben rechts wiederfinden, haben Sie große Chancen, sich und ihr Büro weiterzuentwickeln. Im zweiten Teil dieser Reihe werden wir uns diesbezüglich differenzierter mit den Aspekten der Attraktivität aus Käufersicht beschäftigen.

Perspektivenwechsel: Veränderungsbereitschaft entwickeln

Eine erfolgreiche Büroentwicklung beginnt mit dem Erkennen von Veränderungsbedarf und dem Mut, Entscheidungen zu treffen, selbst wenn es bedeutet, bisherige Herangehensweisen und Gewohnheiten in Frage zu stellen. Thomas hat in den Aufgaben der Büroführung 17 Jahre Erfahrungsvorsprung vor sämtlichen Mitarbeitern in seinem Team. Die Rolle als Inhaber, Verantwortungsträger, Entscheider, Motivator, Chef, letzte Eskalationsinstanz, Verhandlungspartner und Repräsentant des Büros hat er über Jahre hinweg entwickelt und teils perfektioniert.

Eingespielte Abläufe bewusst an jüngere Mitarbeiter zu delegieren, kann zunächst einen Mehraufwand und zusätzliche Arbeit bedeuten. Wichtig ist dabei jedoch langfristig zu denken und Verantwortungsdelegation als strategische Maßnahme zu begreifen, welche in die Zukunft des Unternehmens einzahlt. Führungsstärke zeigt sich auch darin, nicht alles selbst machen zu wollen, sondern loszulassen, Verantwortung zu übertragen und einer oder mehreren anderen Personen anzuvertrauen. Realistisch betrachtet, benötigt die Übertragung von Verantwortung ausreichend Zeit, damit Mitarbeiter in neue Rollen hineinwachsen können. Realistisch betrachtet, benötigt die Übertragung von Verantwortung ausreichend Zeit, damit Mitarbeiter in die neue Rolle hineinwachsen können.

Von außen betrachtet wird es von Bauherren, Kaufinteressenten und Bewerbern als positiv bewertet werden, wenn Entscheidungsfähigkeit und Kundenbeziehungen nicht ausschließlich mit der Person des Inhabers verknüpft sind. Dies spricht umso mehr dafür, Kompetenzen und Leistungsfähigkeit auf das ganze Team zu verteilen. Aus dem Perspektivwechsel resultiert eine klare Erkenntnis: je personen- und persönlichkeitsunabhängiger ein Planungsbüro geführt wird, desto leichter gelingt der Transfer hinein in eine neue Struktur und desto attraktiver wird ein Unternehmen für potentielle Käufer.

Praxistipp | Wenn Sie sich in dieser Betrachtungsweise wiederfinden: Machen Sie sich in Ihrem Büro ab heute so abkömmlich wie möglich, egal in welchem Alter. Abkömmlichkeit bedeutet nicht gleich Abwesenheit. Vielmehr soll ein Effekt eintreten, der es ermöglicht,
  • mehr Freiräume für die Dinge zu bekommen, die Inhabern am meisten Freude bereiten und wo deren Kompetenzen am wertvollsten sind,
  • perspektivisch mehr Zeit für Beschäftigungen außerhalb des Büroalltags zu gewinnen.
Weiterführende Hinweise
  • Nachdem Teil 1 die Persönlichkeit des Unternehmers beleuchtet hat, nimmt Teil 2 die Erfolgsfaktoren, Strukturen und Prozesse des Unternehmens in den Fokus und zwar aus der Sicht eines potenziellen Nachfolgers oder Käufers.
  • Im dritten Teil folgen konkrete Maßnahmen zur Wertsteigerung, begleitet von rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Überlegungen, die in keinem Übergabeszenario fehlen dürfen.

AUSGABE: PBP 5/2025, S. 28 · ID: 50352772

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