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Nov. 2025

WettbewerbsrechtWiderruf der Werbeeinwilligung für E-Mail und Telefon durch VN: Was darf Vermittler noch tun?

Leseprobe30.10.2025156 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Mathias Effenberger, Anwaltskanzlei Küstner, v. Manteuffel Partnerschaft mbB, Göttingen

| Was passiert, wenn der VN seine Werbeeinwilligung für E-Mail und Telefon widerruft? Was darf der Vermittler dann noch tun? VVP klärt auf. |

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Das gilt für den Widerruf der Werbeeinwilligung

Der Widerruf einer Werbeeinwilligung ist jederzeit frei und formlos möglich (Art. 7 Abs. 3 DSGVO). Er wirkt sofort, d. h. ab Zugang der Widerrufserklärung. Eine „Kündigungsfrist“ oder eine ähnliche Auslauffrist ist nicht einzuhalten.

Galt die Einwilligung – wie in der Praxis üblich – für Versicherungsvermittler und Versicherer gleichermaßen, sollten also beide zuallererst sicherstellen, dass sie sich wechselseitig unverzüglich über einen erfolgten Widerruf der Werbeeinwilligung informieren. Das gilt insbesondere dann, wenn der Widerruf nicht in Textform dokumentiert ist, sondern z. B. in einem Telefonat nur mündlich erfolgt. Es sollte unbedingt vermieden werden, dass eine der Parteien in Unkenntnis des Widerrufs doch noch einen werblichen Anruf tätigt oder eine Werbe-E-Mail versendet.

Wichtig | Der Widerruf der Einwilligung in die Werbung mittels Telefonanrufen ist – wie die Einwilligung selbst – zu dokumentieren und aufzubewahren.

Folgen nach dem Widerruf

Nach dem Widerruf gilt die Gesetzeslage, die Werbung per Telefon oder elektronischer Post bei Verbrauchern stets als unzumutbare und damit wettbewerbswidrige Belästigung einstuft (§ 7 UWG).

Was unter den Begriff der elektronischen Post fällt

Zur elektronischen Post gehören nicht nur E-Mails, SMS oder MMS (BGH, Urteil vom 01.02.2018, Az. III ZR 196/17, Abruf-Nr. 199773), sondern auch Nachrichten über Social-Media-Plattformen und Messengerdienste.

Der Begriff „Werbung“ ist ein weiter Begriff

„Werbung“ umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung, z. B. in Form der Imagewerbung, erfasst. Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, Urteil vom 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17 – Kundenzufriedenheitsbefragung, Abruf-Nr. 204393; Urteil vom 14.01.2016, Az. I ZR 65/14 – Freunde finden, Abruf-Nr. 187211; Urteil vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12 – Empfehlungs-E-Mail, Abruf-Nr. 133407).

Werbung liegt also insbesondere vor, wenn

Beispiele aus der Rechtsprechung

  • Entsprechend der weiten Definition hat die Rechtsprechung z. B. eine Kundenzufriedenheitsabfrage in einer E-Mail als Werbung eingeordnet, und zwar auch dann, wenn sie mit der Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt verbunden wird (BGH, Urteil vom 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17 – Kundenzufriedenheitsbefragung, Abruf-Nr. 204393).
  • Auch „Service Calls“ eines Versicherungsmaklers, die (auch) der Überprüfung einer Wechselwilligkeit des Kunden dienen und in deren Rahmen bei Bedarf ein neues Angebot unterbreitet werden soll, sind Werbung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2019, Az. 15 U 37/19 – Service-Calls, Abruf-Nr. 211818).
  • Ein Anruf zum Zweck der Vereinbarung eines Termins für einen Vertreterbesuch dient ebenfalls der Werbung (LG Halle [Saale], Urteil vom 23.04.2015, Az. 8 O 94/14 – Einwilligung in Telefonwerbung, Abruf-Nr. 240999).
  • Hat der Kunde seinen Vertrag gekündigt, dient ein Antwortschreiben des Unternehmens, in dem wegen angeblich noch ausstehender Fragen um Rückruf des Kunden gebeten wird, ohne anderweitige Anhaltspunkte offensichtlich einem Rückgewinnungsversuch und damit ebenfalls der Werbung (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.12.2023, Az. 6 U 25/23, Abruf-Nr. 240998).
  • Werbung ist schließlich auch das Bemühen um neue Vertriebspartner im Rahmen des Aufbaus eines Strukturvertriebs (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.03.2009, Az. 4 U 168/08, Abruf-Nr. 241000).
  • im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses die Fortsetzung oder Erweiterung der Vertragsbeziehung angestrebt wird,
  • ein Kunde abgeworben werden soll,
  • ein abgesprungener Kunde zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung (sei es auch nur durch Befragen nach den Gründen seines Wechsels) bestimmt werden soll oder
  • ein Kunde von der Ausübung eines Vertragsauflösungsrechts abgehalten oder abgebracht werden soll (OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023, Az. 3 U 965/23 – Riester-Renten-Beratung, Abruf-Nr. 238652).

Was der Vermittler nach Widerruf noch tun darf

Für Werbemaßnahmen übrig bleiben nach dem Widerruf in aller Regel nur noch der postalisch versandte Brief oder ein persönlicher Besuch.

Wichtig | Werbliche Kontaktaufnahmeversuche mittels Telefon oder E-Mail nach Widerruf der Einwilligung können sowohl für Vermittler als auch Versicherer empfindliche Konsequenzen haben, die bei entsprechenden kostenträchtigen Abmahnungen, strafbewehrten Unterlassungserklärungen und einstweiligen Verfügungsverfahren noch nicht enden. Sowohl der Vermittler als auch der Versicherer sollte sicherstellen, dass solche Werbemaßnahmen unverzüglich unterbleiben, etwa durch auffällige Sperrvermerke im System.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Die Werbeeinwilligung des Kunden: Auf diese rechtlichen Details sollten Sie achten “, VVP 6/2024, Seite 4 → Abruf-Nr. 50001682
  • Beitrag „Werbeeinwilligung: Haftung für Vertreter sowie Dokumentation bei der Telefonwerbung beachten“, VVP 7/2024, Seite 3 → 50017357

AUSGABE: VVP 11/2025, S. 5 · ID: 50535169

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