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Nov. 2025

Aufnahme eines PartnersVom Einzelunternehmen rein in die GbR – Teil 2

Top-BeitragLeseprobe05.11.202511 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Aus verschiedenen Gründen kommt ein neuer Partner in eine Einzelkanzlei. Dabei sollten Sie steuerlich einiges beachten und die konkreten Möglichkeiten kennen. AK schafft Klarheit über den Übergang zur GbR. In Teil 1 des Beitrags haben wir Ihnen die Modelle zur Zahlung in das Privatvermögen und das Modell der Einlage vorgestellt. Teil 2 behandelt das Zwei-Stufen-Modell sowie das Gewinnvorabmodell. Zudem werden umsatz- und grunderwerbsteuerliche Auswirkungen betrachtet. Am Ende finden Sie eine zusammenfassende Checkliste zu allen vier Modellen. |

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Gestaltung 3: Zwei-Stufen-Modell

In der Praxis kann es interessant sein, dem Aufzunehmenden nicht sofort große Anteile an der Gesellschaft, sondern nur eine Minderheitsbeteiligung (z. B. 5 %) einzuräumen. Einerseits wird dadurch der Kaufpreis niedrig gehalten. Andererseits hat der Aufnehmende die Möglichkeit, den Aufgenommenen und dessen Arbeitsweise über einen gewissen Zeitraum zu überprüfen. Erst danach wird ihm eine größere Beteiligung gewährt („Zwei-Stufen-Modell“).

Beispiel

Der Anwalt A möchte den Junior-Berufskollegen J in seine Kanzlei (Verkehrswert 500.000 EUR) aufnehmen. Während A seine Kanzlei in eine GbR einbringt, leistet J eine Zahlung über 10.000 EUR in das Privatvermögen des A. Danach ist J zu 1 % und A zu 99 % an der GbR beteiligt. Nach einer Erprobungszeit überträgt A weitere 49 % der Anteile gegen eine entsprechende Zahlung auf J.

In dieser Gestaltung trifft den Aufnehmenden eine hohe Steuerbelastung. Im ersten Schritt unterliegt der Kaufpreis für die Splitterbeteiligung nach Abzug des anteiligen Buchwerts in voller Höhe als laufender Gewinn der Besteuerung. Das gilt auch für den im zweiten Schritt durch Übertragung der umfangreicheren Beteiligung realisierten Gewinn. Steuerliche Begünstigungen sind nicht zu gewähren, da weder die ganze Kanzlei noch der ganze Anteil an der Mitunternehmerschaft übertragen werden.

Gestaltung 4: Gewinnvorabmodell

Oft ist es für den Aufzunehmenden problematisch, den Kaufpreis aufzubringen. Denn regelmäßig handelt es sich um hoch qualifizierte Berufsanfänger, welche über kein Eigenkapital verfügen und auch Bankfinanzierungen sind nicht immer einfach. Das Problem ist also, dass der potenzielle Partner zwar über die gewünschten Fachkenntnisse, nicht jedoch über das erforderliche „Kleingeld“ verfügt. Dieses Dilemma lässt sich über das Gewinnvorabmodell lösen. Denn bei der Vereinbarung des Gesellschaftsvertrags steht es den Gesellschaftern frei, die Gewinnverteilung zu regeln. Diese muss bei einer Beteiligung von 50/50 nicht zwingend 50/50 betragen, sondern es können auch Vorabgewinne vereinbart werden:

Beispiel

Der Anwalt A möchte den vermögenslosen Junior-Berufskollegen J in seine Kanzlei aufnehmen. Es wird eine GbR gegründet, in welche A seine Kanzlei einbringt. J bringt lediglich seine Fachkenntnisse mit. Beide sind zu jeweils 50 % an der GbR beteiligt. Von dem erzielten Gewinn werden laut Gesellschaftsvertrag nur 50 % nach dem Gewinnverteilungsschlüssel von 50/50 verteilt. Von den anderen 50 % stehen A befristet für 10 Jahre vorab 80 % zu. Effektiv wird damit der Gewinn der Kanzlei für die ersten 10 Jahre im Verhältnis 65/35 auf die Gesellschafter verteilt.

Praxistipp | Der Vorteil für den Aufgenommenen ist, dass dieser keine Finanzierung aufbringen muss. Vielmehr erarbeitet er sich die Beteiligung über mehrere Jahre. Nachteilig kann der Gewinnvorab für den Aufgenommenen aber auch sein. Denn er weiß erst im Nachhinein, was ihn die Beteiligung gekostet hat.

Aus steuerlicher Sicht ist zu beachten, dass der vereinbarten Gewinnverteilung grundsätzlich zu folgen ist (BFH 10.11.80, GrS 1/79). Das gilt auch für eine disquotale Gewinnverteilung im Falle eines Gewinnvorabs. Allerdings unterliegt der Gewinnvorab beim Aufnehmenden wie auch der normale Gewinnanteil der regulären Besteuerung als laufender Gewinn. Steuerliche Begünstigungen sind nicht vorhanden. Positiv kann sich jedoch auswirken, dass durch das Modell der im Gewinnvorab enthaltene Kaufpreis ratierlich über viele Jahre gezahlt wird. Denn das kann zu erheblichen Progressionsvorteilen für den Aufnehmenden führen.

Praxistipp | Wird nach einiger Zeit die verbliebene Beteiligung veräußert, lässt sich für den dabei erzielten Gewinn unter den Voraussetzungen des §§ 16 Abs. 4 EStG ein Freibetrag von bis zu 45.000 EUR abziehen und unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 bzw. 3 EStG eine ermäßigte Besteuerung vornehmen.

Die Regelungen für den Gewinnvorab sind grundsätzlich frei verhandelbar. Der Gewinnvorab kann zum Beispiel auf einen bestimmten Zeitraum befristet aber auch unbefristet für die Dauer der weiteren Zugehörigkeit des Aufnehmenden zur Gesellschaft vereinbart werden. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Gewinnvorab nicht als verdecktes Veräußerungsentgelt darstellen darf. Denn sollte der Gewinnvorab bei wirtschaftlicher Betrachtung ein ratenweise zu zahlendes Veräußerungsentgelt darstellen, ist der Fall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen, als bei einer einmaligen Leistung des Aufgenommenen in das Privatvermögen des Aufnehmenden (so auch FG München 30.11.89, EFG 90, 319 – siehe Gestaltung 1 – Zahlung in das Privatvermögen).

Entsprechend entschied auch der BFH (27.10.15, VIII R 47/12, Abruf-Nr. 183679), dass der Aufnehmende einen sofort zu versteuernden Veräußerungsgewinn erzielt, wenn der Kaufpreis der Höhe nach von Beginn an feststeht. Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Gewinnverzicht zu Lasten des Aufgenommenen auf einem festen jährlichen Betrag beruht – beispielsweise weil über 10 Jahre dem Aufnehmenden vorab von dem Gewinn jährlich 25.000 EUR zustehen (Kaufpreis = 250.000 EUR). Steht hingegen der Kaufpreis vorab nicht fest, weil beispielsweise vereinbart wurde, dass der Aufgenommene für die ersten 10 Jahre jährlich auf 25 % seines Gewinnanteils zugunsten der Aufnehmenden verzichtet, so handelt es sich nicht um einen Veräußerungsgewinn und die 25 % zusätzlicher Gewinn fließen dem Aufnehmenden ratierlich über 10 Jahre zu.

Merke | Bei der Vereinbarung eines Gewinnvorabs sollte vermieden werden, den Gewinnvorab betragsmäßig festzulegen. Er sollte besser unabhängig von dem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn ausgestaltet sein. Das bedeutet auch, dass Höchst- oder Sockelbeträge nicht vereinbart werden sollten. Der Gewinnvorab sollte sich quotal aus dem tatsächlich erzielten Gewinn berechnen.

Umsatzsteuer? Nein Danke!

Die Umsätze einer Anwaltskanzlei unterliegen regelmäßig der Umsatz-steuer. Bei der Aufnahme des Partners drohen jedoch keine umsatzsteuerlichen Risiken. Denn es handelt sich regelmäßig um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, welche gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar ist. Damit geht das Unternehmen auf die neue Personengesellschaft über, welche das Unternehmen fortführt.

Praxistipp | Das gilt selbst dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter von der Einbringung in die Gesellschaft ausgenommen werden – z. B. Betriebsgrundstücke. Waren die Wirtschaftsgüter jedoch für die Kanzlei wesentlich, dann müssen sie der neuen Gesellschaft zur Nutzung überlassen werden (z.B. durch Vermietung). Die weitere Konsequenz: Diese nun vermieteten Wirtschaftsgüter stellen aus ertragsteuerlicher Sicht Sonderbetriebsvermögen – und kein Privatvermögen – dar.

Grunderwerbsteuer? Ja – aber bitte mit Begünstigungen

Wenn zur Kanzlei Betriebsgrundstücke gehören, dann werden sie regelmäßig mit in die Personengesellschaft eingebracht. Der Grund: Die Grundstücke werden auch von der Gesellschaft benötigt. Weil die Gesellschaft ein eigener Rechtsträger ist, unterliegen die Grundstücke aber der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG).

Allerdings wird die Grunderwerbsteuer gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG bei dem Übergang von Alleineigentum auf Gesamthandseigentum in dem Umfang nicht erhoben, wie der Aufnehmende nach der Übertragung am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Sollte also der Aufnehmende zu 60 % beteiligt sein, so entsteht die Grunderwerbsteuer zwar in voller Höhe. Sie wird jedoch nur zu 40 % erhoben, weil zu 60 % der Aufnehmende an der Gesamthand beteiligt ist.

Praxistipp | Durch das MoPeG ist seit 2024 zivilrechtlich das Gesamthandsprinzip für rechtsfähige Personengesellschaften entfallen (§ 713 BGB). Alle Wirtschaftsgüter gehören der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern in gesamthänderischer Verbundenheit. Die Folge: § 5 Abs. 2 GrEStG wäre nicht anwendbar und die Grunderwerbsteuer würde in voller Höhe erhoben werden. Allerdings wurde mit § 24 GrEStG bis zum 31.12.26 eine Übergangsregelung geschaffen. Rechtsfähige Personengesellschaften sind bis zu diesem Zeitpunkt für Zwecke der Grunderwerbsteuer weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen anzusehen, sodass sich bis zum 31.12.26 die in § 5 Abs. 2 GrEStG verankerte Begünstigung noch nutzen lässt.

Checkliste / Vor- und Nachteile der Gestaltungsmodelle

Zahlung in das Privatvermögen

  • Nachteil für den Aufnehmenden: Ausgleichsbetrag des Aufgenommenen unterliegt im Privatvermögen des Aufnehmenden vollständig der Besteuerung.

Einlagemodell

  • Vorteil für Aufnehmenden: Hoher Entscheidungsspielraum mit freier Entscheidung, ob und wenn ja in welcher Höhe infolge der Einbringung ein steuerpflichtiger Gewinn entsteht.
  • Vorteil für Gesellschaft: Hohen Liquiditätszufluss, wenn Investitionen (z. B. Erwerb eines Kanzleigebäudes) anstehen.
  • Problem: nicht benötigte Liquidität: Wohin mit dem Geld? Zwar kann die Liquidität wieder entnommen werden. Über der Entnahme schwebt jedoch das Damoklesschwert der Annahme von Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO).
  • Risiko für Aufgenommenen: Verlust des Finanzierungszusammenhangs und damit der Absetzbarkeit seiner Zinsaufwendungen bei Überentnahmen (§ 4 Abs. 4a EStG).
  • Nachteil: Höchster Kaufpreis, weil der Aufgenommene 100 % des Werts der Kanzlei ausgleichen muss. Das kann die Finanzierung erheblich erschweren.

Zwei-Stufen-Modell

  • Vorteil: Aufgenommener kann bzw. soll sich bis zur Übertragung einer großen Beteiligung bewähren und nicht als angestellter Anwalt arbeiten.
  • Eignung: Für eine Übergangsgemeinschaft. So kann dem Nachfolger zunächst eine Minderheitsbeteiligung gewährt und an die Mandate herangeführt werden. Im Anschluss kann nach einer Überleitungszeit der restliche Mitunternehmeranteil übertragen werden. Weil nun im zweiten Schritt eine Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils erfolgt, berechtigt diese Veräußerung zur Anwendung der steuerlichen Begünstigungen (Freibetrag § 16 Abs. 4 EStG und ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 bzw. 3 EStG).

Gewinnvorabmodell

  • Eignung: Finanzierung des Kaufpreises ist für Aufzunehmenden nicht oder nur zu sehr ungünstigen Konditionen möglich.
  • Risiko: Effektiv gezahlter Preis für die Aufnahme steht erst dann fest, wenn die Vereinbarung über den Gewinnvorab ausgelaufen ist. Damit handelt es sich auch um eine Wette auf die künftige Gewinnentwicklung auf Ebene der Gesellschaft.
  • Nachteil: Modell stellt regelmäßig auf den tatsächlich erzielten Kanzleigewinn ab. Nicht realisierte stille Reserven (z. B. Wertsteigerung von Immobilien) bleiben bei dem Modell unberücksichtigt.

AUSGABE: AK 11/2025, S. 184 · ID: 50492888

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