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ChecklisteDie formularmäßige Zeithonorarabrede

Top-Beitrag Abo-Inhalt 23.12.2024 4 Min. Lesedauer Von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Eine formularmäßige Zeithonorarabrede ist im Rechtsverkehr mit Verbrauchern möglich. Die folgende Checkliste (Abruf-Nr. 50262887) fasst alle relevanten Aussagen der aktuellen BGH-Entscheidung vom 12.9.24 (IX ZR 65/23, Abruf-Nr. 243972; vgl. auch RVG prof. 24, 199; 25, 7) zusammen – präzise, praxisnah und leicht verständlich. |

Checkliste / Die formularmäßige Zeithonorarabrede

1. Grundsatz: Formularmäßige Zeithonorarabreden sind an sich zulässig
  • Eine Zeithonorarabrede in AGB ist grundsätzlich zulässig.
  • Anwälte müssen nicht zwingend vorab oder regelmäßig Informationen zur Gesamtvergütung oder Zwischenrechnungen bereitstellen. Vernachlässigen sie dies, ergibt sich allein daraus noch keine unangemessene Benachteiligung des Mandanten nach § 307 BGB.
  • Dennoch müssen Zeithonorarabreden in AGB transparent und eindeutig formuliert sein, um Missverständnisse und rechtliche Risiken zu minimieren.
2. Einzelne Klauseln sind aber per se unwirksam
  • Erhöhungsklausel: Eine streitwertabhängige Erhöhungsklausel ist unwirksam, weil sie intransparent ist und den Mandanten unangemessen benachteiligt. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Alternativ sollten Anwälte feste Stundensätze ohne dynamische Anpassungen vereinbaren, um die Transparenz sicherzustellen.
  • Auslagenpauschale: Eine Auslagenpauschale, die mit der Stundensatzvergütung kombiniert wird, ist unwirksam (z. B. „Zur Stundensatzvergütung sind zusätzlich 5 % des Nettohonorars als Auslagen zu zahlen“). Eine solche Klausel verschleiert die Erhöhung des Stundensatzes und ist deshalb intransparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Zulässig sind Auslagenerstattungen, die tatsächlich angefallen sind und einzeln ausgewiesen werden.
  • Einigungsgebührklausel: Die Vereinbarung einer zusätzlichen Einigungsgebühr oder einer zusätzlichen Gebühr nach Nrn. 4141, 5115, 6216 VV RVG stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist damit unwirksam. Denn die Zeitvergütung deckt die dafür notwendigen anwaltlichen Leistungen bereits ab.
  • Streit- und Anerkenntnisklausel: Eine Streit- und Anerkenntnisklausel sieht vor, dass die vom Anwalt abgerechneten Stunden automatisch als anerkannt gelten, wenn der Mandant nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Eine solche Regelung verstößt gegen die Pflicht des Anwalts, den Zeitaufwand präzise und nachprüfbar darzulegen. Durch die Klausel werden die mit einem Zeithonorar verbundenen Risiken bei der Darlegung und beim Nachweis der geleisteten Stunden auf den Mandanten verlagert, was diesen unangemessen benachteiligt.
3. Dies führt zur Unwirksamkeit der gesamten Vergütungsvereinbarung
  • Die Kombination der unwirksamen Klauseln schafft eine einseitige Vorteilsposition für den Anwalt.
  • Die gesamte Vereinbarung ist unwirksam, da eine nur teilweise Aufrechterhaltung ihren Charakter grundlegend verändern würde (§ 306 Abs. 3 BGB).
4. Das sind die Folgen der unwirksamen Vergütungsvereinbarung
  • Der Anwaltsvertrag bleibt wirksam, aber die Vergütung richtet sich jetzt nach den gesetzlichen Gebühren (§ 1 RVG, § 306 Abs. 2 BGB).
  • Der Anwalt muss die gesetzliche Vergütung (neu!) abrechnen. Denn ohne eine ordnungsgemäße Rechnung kann er die Vergütung nicht durchsetzen.
5. Das sind die Rechtsfolgen für die Vertragsparteien
a) Anwälte
  • müssen eine neue Rechnung gemäß RVG erstellen.
  • haben erst ab Zugang der ordnungsgemäßen Rechnung Anspruch auf Zinsen.
  • dürfen nicht mehr fordern, als die Vereinbarung ursprünglich vorsah, wenn die gesetzliche Vergütung höher als die vereinbarte Vergütung wäre (= Grundsatz von Treu und Glauben).
b) Mandanten
  • können zu viel gezahlte Beträge nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts zurückverlangen. Dies gilt nur, soweit die gesetzliche Vergütung niedriger als die gezahlte Vergütung ist (sog. Saldotheorie).
6. Das sind praktische Konsequenzen
a) Pflichten für Anwälte
  • Zeithonorarabreden müssen klar und transparent formuliert werden.
  • Zusatzklauseln wie Erhöhungsklauseln, pauschale Auslagenregelungen oder Streitklauseln sollten sorgfältig geprüft werden, um Intransparenz oder unangemessene Benachteiligungen der Mandanten zu vermeiden.
  • Regelmäßige Zwischenabrechnungen und klare Vergütungsinformationen fördern das Vertrauen und können Konflikte vermeiden.
  • Formulare sollten individuell angepasst und komplexe Klauseln vermieden werden.
  • Transparente Vergütungsmodelle (z. B. mit klar definierten Höchstgrenzen) sind kundenfreundlicher und rechtlich sicherer.
  • Anwälte sollten regelmäßig bestehende Vertragsmuster auf neue rechtliche Entwicklungen überprüfen und ggf. anpassen.
b) Risiken für Anwälte bei unwirksamen Vereinbarungen
  • Gefahr der Rückforderung durch Mandanten bei Überzahlung
  • Erheblicher Aufwand durch notwendige Umstellung auf RVG-Abrechnung
  • Im Einzelfall können solche Rechtsstreitigkeiten die Beziehung zum Mandanten nachhaltig belasten.
c) Schutzmöglichkeiten für Mandanten
  • Mandanten sollten auf versteckte Zusatzklauseln achten und vor der Unterzeichnung die Transparenz prüfen.
  • Rechtsschutz kann effektiv durch die Überprüfung von Honorarvereinbarungen wahrgenommen werden, insbesondere wenn Zusatzgebühren oder Erhöhungsklauseln enthalten sind.

Ausgabe: 1/2025, S. 13 · ID: 50256542

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