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TECHNISCHE AUSRÜSTUNGHonorarzonenbestimmung in der TA – Teil 1
| Die HOAI 2021 wird der Branche wohl vorerst erhalten bleiben und damit auch die derzeitigen Methoden zur Bestimmung der Honorarzone. Allerdings führen diese Regelungen häufig zu Konflikten. Insbesondere im Bereich der TA werden die in der HOAI vorgesehenen Möglichkeiten zur Bestimmung der Honorarzonen der Komplexität vieler Projekte nicht mehr gerecht. Um dem entgegenzuwirken, präsentiert Ihnen PBP in einer zweiteiligen Reihe einen Leitfaden zur Bestimmung dieses wirtschaftlich bedeutenden Honorarparameters. |
HOAI 2021 – Quo vadis?
Auch wenn die HOAI 2021 für die meisten Honorarvereinbarungen im Wesentlichen nur noch Empfehlungscharakter hat, wird sie in der Praxis weiterhin regelmäßig angewendet. Dabei wird es voraussichtlich auch noch einige Zeit bleiben, da angesichts der aktuellen politischen Rahmenbedingungen eine Novellierung in 2025 unwahrscheinlich ist.
In den Honorarverhandlungen fallen jedoch zunehmend mehr Honorarparameter der „Unverbindlichkeit“ der HOAI zum Opfer. Dazu zählen der Umbauzuschlag, die mitzuverarbeitende Bausubstanz und der Honorarsatz. Letzteren kennen viele Planer ohnehin nur als „Basissatz“. Mehr war vor allem mit der öffentlichen Hand in den letzten Jahren kaum zu vereinbaren. Einzig die Honorarzone hält sich immer noch wacker, doch auch von dieser weichen die Vertragspartner angesichts der Marktlage zunehmend ab.
Oft wird in der TA die falsche Honorarzone vertraglich verankert, und zwar nicht aus taktischen Verhandlungsgründen, sondern schlichtweg aus Unkenntnis. Von den beiden Methoden zur Bestimmung der Honorarzone, die die HOAI vorgibt, wird fast ausschließlich die Objektliste verwendet. Dies geschieht meist deshalb, weil die Arbeit mit den Bewertungsmerkmalen zu kompliziert erscheint. Aber warum ist das eigentlich so?
Die Logik der Honorarzone für Projekte der TA
Grundsätzlich ist die Bestimmung der Honorarzone klar geregelt. Die HOAI, falls vereinbart, definiert unter § 5 Honorarzonen die Vorgehensweise so:
Die HOAI im Wortlaut: § 5 Honorarzonen | |
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Wichtig | Zunächst ist klarzustellen, dass die Bestimmung der Honorarzone primär anhand der Bewertungsmerkmale zu erfolgen hat. Die Objektliste spielt dabei eine nachgeordnete Rolle. Doch das wird in der Praxis oft „übersehen“ oder ist den Beteiligten schlichtweg nicht bekannt. Für die TA wird die Ermittlung der Honorarzone in § 56 Abs. 2 und 3 beschrieben:
Die HOAI im Wortlaut: § 56 Abs. 2 und 3 Bestimmung der Honorarzone |
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Wichtig | Auch hier ist die Festlegung der Honorarzone anhand der Bewertungsmerkmale der in Anlage 15.1 aufgeführten Objektliste vorgelagert und damit entscheidend. Die Objektliste wird erst unter Abs. 3 genannt.
In der TA fehlt ein ausdifferenziertes Punktesystem
Leider kennt das Leistungsbild der TA kein standardisiertes Punktesystem, wie das der Landschafts- oder Objektplanung (z. B. § 34 Abs. 3-6 HOAI). Aber das ist nicht das Hauptproblem. Bereits die Definition der Bewertungsmerkmale ist suboptimal. Da zudem kein vorgegebenes Schema für die Einwertung der Anforderungen existiert, ignoriert die „Projektpraxis“ diesen Paragraphen schon seit Jahren. Im besten Fall werden stark vereinfachte, „selbstgebaute“ Tabellen verwendet, die meist vom Vertragspartner nicht anerkannt werden:
Bewertungsmerkmal | Planungsanforderungen | ||
gering | durchschnittlich | hoch | |
Anzahl der Funktionsbereiche | x | ||
Integrationsansprüche | x | ||
Technische Ausgestaltung | x | ||
Anforderung an die Technik | x | ||
Konstruktive Anforderungen | x | ||
Summe | 2 | 2 | 1 |
Ein Grund dafür ist die unzureichende Differenzierung der qualitativen Anforderungen der Bewertungsmerkmale. Zwar kann die in der obigen Tabelle dargestellte Bewertung von „gering“ bis „hoch“ aus der Tabelle in § 56 HOAI abgeleitet werden. Jedoch erweist sich diese Differenzierung in der Praxis als zu grob. Was unter „Anzahl der Funktionsbereiche“ oder „Technische Ausgestaltung“ über die 8, respektive 22 Anlagengruppen bzw. TA-Fachgewerke zu verstehen ist, wird nicht genauer definiert und versinkt somit im „Interpretationsnebel“ der Gutachter.
Eine derart rudimentäre Kategorisierung wird der komplexen Anlagentechnik heutiger Projekte schlichtweg nicht mehr gerecht. Ganz abgesehen von den Abgrenzungsproblemen dieser Methode. Auch über die Definition der Bewertungskriterien in Abhängigkeit des jeweiligen Gewerks lässt sich streiten.
Aufgrund dieser Unschärfen wurde im Gutachten zur HOAI-Novellierung vorgeschlagen, dass auch bei der TA ein Punktesystem eingeführt werden solle. Man darf gespannt sein, wie sich dieser Vorschlag in den Gremien entwickelt.
Theorie versus Praxis
Die korrekte Bestimmung der Honorarzonen anhand der Bewertungsmerkmale wird in der Praxis, wie bereits erwähnt, nur selten angewendet. Diese Methode kommt nur dann zum Einsatz, wenn während oder am Ende eines Projektes ein Streit über das Honorar entsteht. Dies liegt oft daran, dass sich die Anforderungen an die Technik von Projektbeginn bis zur Ausführung erheblich verändern. Der vermeintlich einfache technische Ansatz bei Angebotsabgabe mutiert spätestens in der Vorplanung. Auf einmal wird aus einer technisch einfachen Beheizung einer Grundschule ein nachhaltiger Prototyp mit allen Raffinessen. Das Resultat: Das Honorar passt nicht mehr zum tatsächlichen Aufwand.
Aufgrund des Entfalls von Mindestsatzklagen beginnt so oft ein langwieriger Verhandlungs-Kleinkrieg über die Honorarzone. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich vor Augen führt, dass z. B. bei einem Projekt mit anrechenbaren Kosten von vier Mio. Euro zwischen der HZ I unten und der HZ III unten eine Honorardifferenz von fast 60 Prozent besteht, was 166.000 Euro entspricht. Bei 500.000 Euro anrechenbaren Kosten liegt die Differenz immer noch bei 48.000 Euro. Genau diese Summen entscheiden darüber, ob ein Projekt wirtschaftlich erfolgreich wird oder zu einem Verlustgeschäft führt. Trotz dieser erheblichen wirtschaftlichen Relevanz weichen die Parteien aufgrund der Komplexität der Bewertungsmerkmale meist auf die allgegenwärtige Objektliste aus.
Sind die Objektlisten noch zeitgemäß?
In der Mehrzahl der Projekte wird von beiden Seiten meist unreflektiert in die Objektliste der Anlage 15.2. HOAI geschaut und die Honorarzone zugewiesen, frei nach dem Motto BHKW = HZ III und das Ganze „natürlich“ als Basissatz – fertig. Dabei wird vergessen, dass die Objektliste nur „Regelbeispiele“ aufzählt, d. h. idealisierte Beispiele, die lediglich als Hilfestellung dienen sollen.
Die HOAI im Wortlaut: Anlage 15.2 Objektliste (Auszug 1) | |||
Anlagengruppe 2 Wärmeversorgungsanlagen | Honorarzone | ||
I | II | III | |
| x | ||
| x | ||
| x |
Das Problem bei der Objektliste ist: Sie stammt ebenso wie die Tafelwerte aus dem Jahr 2013 und ist somit zwölf Jahre alt. Dieser Zeitraum hat jedoch viele Veränderungen in der Gebäudetechnik mit sich gebracht – neben technologischen Entwicklungen, gerade auch regulatorische. Dabei zu nennen wären u. a.
- das GEG,
- die Trinkwasserverordnung,
- die F-Gas-VO,
- der Schallschutz,
- ein vermehrter Einsatz von hybriden Erzeugungssystemen (Wärmepumpen, PV-Anlagen) sowie
- diverse Novellierungen von Normen und Richtlinien.
Diese Entwicklungen haben vor allem in der Anlagengruppe 2 und 3, aber auch in den Fachgewerken der Elektrotechnik, IT und Gebäudeautomation zur Veränderung der Planungssystematik geführt. Man denke z. B. an IoT (Internet of Things). Auch werden verschiedenste Komponenten, die in der Anlage 15.2 genannt werden, immer komplexer. Wer sich bereits intensiv mit der Auslegung, Regelung und den schalltechnischen Fragen von Kühl-Heiz-Decken beschäftigt hat, der kann über die reflexartige Einordnung in die HZ II nur müde lächeln. Ganz zu schweigen von den Schnittstellen- und Koordinationsproblemen, die zwischen Fachplaner und Architekt bei dieser Komponente auftreten.
Hinzu kommt, dass bei Projekten heute komplexe Vernetzungen zwischen den Fachgewerken entstehen. Eisspeicher, Wärmepumpen (mit unterschiedlichen Wärmequellen) in Kombination mit PV-Anlagen und komplexen Pufferstrategien erfordern ein weitaus vertiefteres planerisches Können als die Auslegung eines Gasbrennwertkessels.
Wärmepumpen: Ein typischer Praxisfall verdeutlicht das Dilemma
Ein Bauherr möchte eine Wärmepumpe auf Erdsondenbasis, die mit einer solaren Brauchwasserbereitung gekoppelt werden soll. Zudem soll das Erdsondenfeld im Sommer zur passiven Kühlung verwendet werden. Welcher Honorarzone sind diese Planungsleistungen also zuzuordnen?
In der Objektliste tauchen Wärmepumpen in der Anlagengruppe 2 – Wärmeversorgung – auf. Bivalente Systeme wären entsprechend des vorstehenden Auszugs aus der Liste der HZ II zuzuordnen, multivalente Systeme hingegen der HZ III. Dem Fachmann wird schnell klar, dass die geplante Verschaltung sehr komplex werden kann, insbesondere im Hinblick auf den saisonalen Wärmespeicher. Dennoch entstehen immer wieder Diskussionen hierzu, da vielfach auf „bivalent“ referenziert wird und damit die HZ II unten festgelegt wird. Und genau dabei zeigt sich das Problem mit der Objektliste. Mit der Auflistung der Regelbeispiele ist sie für die heutigen Anlagen einfach zu „stumpf“.
Generell sollte schon im Vorfeld geklärt werden, was heutzutage als „durchschnittliche“ Planungsanforderung im Bereich der Wärmepumpenanlagen zu definieren ist. Dazu gehören z. B. einfache Luftwärmepumpen, die als Standardfall betrachtet werden können. Im vorliegendem Beispiel ist zudem die (passive) Kälteerzeugung zu betrachten. Und genau das wirft die spannende Frage auf, ob die Anlagentechnik nicht bereits in die Anlagengruppe 3 eingeordnet werden könnte. Die Objektliste der Anlagengruppe 3 spricht nämlich von „Kühlanlagen“, die ihrerseits der HZ III zugeordnet werden, wie der nachstehende Auszug aus der Objektliste verdeutlicht.
Die HOAI im Wortlaut: Anlage 15.2 Objektliste (Auszug 2) | |||
Anlagengruppe 2 Wärmeversorgungsanlagen | Honorarzone | ||
| x | ||
| x | ||
| x |
All dies zeigt die Schwächen der Objektliste. Bezüglich dieses Beispiels ist zu den Erdsonden noch anzumerken, dass hier das AHO Heft Nr. 26 wertvolle Hinweise liefert. Auf Seite 14 des Heftes werden eigene Honorarzonen definiert und anhand der planerischen Anforderungen abgeleitet (z. B. Kombination Heizen/Kühlen = HZ III). Dabei ist stets die Unterscheidung zwischen der Technischen Ausrüstung und Technischen Baugrundausstattung zu berücksichtigen (vgl. Ausgabe 6/2022, Seite 7 → Abruf-Nr. 48236528).
Auch wenn die AHO-Hefte keinen honorarverbindlichen Charakter haben, können sie Ihnen technisch strukturierte Argumentationshilfen liefern. Doch man sollte nicht vergessen, dass die HOAI 2021 – wie schon erwähnt – im Wesentlichen nur noch Empfehlungscharakter hat, wie § 2a HOAI zu entnehmen ist:
Die HOAI im Wortlaut: § 2a Honorartafeln und Basishonorarsatz |
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Honorarzonen gelten nur für Grundleistungen
Darüber hinaus ist bei der Bestimmung der Honorarzone stets deren Kontext mit zu berücksichtigen. Die Honorarzone soll das Honorar für die Grundleistungen in diesem Schwierigkeitsgrad bestimmen. Dabei ist immer folgender „Grundleistungsparagraph“ zu beachten:
Die HOAI im Wortlaut: § 3 Leistungen und Leistungsbilder |
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Dabei sind die beiden Grundleistungs-Definitionen „regelmäßig“ und „im Allgemeinen“ des Verordnungsgebers zu betonen. Es ist klar, dass es an der Zeit ist, die Objektliste zu überarbeiten und diese an die aktuellen Planungserfordernisse anzupassen. Wir dürfen also gespannt sein, ob die Novellierung der HOAI diese Thema aufgreifen wird.
Wichtig | Die HOAI mit ihren Honoraren und Honorarparametern wurde für „normale“ Projekte geschaffen. Weder ihre Struktur noch ihre Honorare sind für komplexe Sonderbauten geeignet. Somit ist es auch nicht sinnvoll, die TA bei komplexen Laborbauten, Rechenzentren, etc. in dieses enge Korsett zu zwängen. Auch die Honorarzonen sind dafür nicht geeignet.
Honorarzoneneinwertung – Ein Leitfaden
Da uns die HOAI 2021, wie gesagt, wohl noch ein Weile begleiten wird und die Novelle vermutlich keine „Revolution“ in dieser Thematik bringen wird, ist es nötig, sich weiterhin mit der Honorarzonenbestimmung zu beschäftigten. Wie bereits erwähnt ist dabei die Ableitung über die Bewertungsmerkmale das probate Mittel, auch wenn dies zunächst aufwändig erscheint.
Obwohl bisher in der HOAI keine „Bepunktung“ für die TA vorgesehen ist, bedeutet das nicht, dass sie verboten wäre. Vielmehr ist es sinnvoll, das seit Langem bewährte Punktesystem der Objektplaner für die TA zu adaptieren. Im zweiten Teil dieser Reihe erfahren Sie mehr über die Ableitung des Punktesystems und den Umgang mit Rahmenparametern, um ein auskömmliches Honorar zu sichern.
- Bis jetzt interessant? Dann lesen Sie in der nächsten Ausgabe weiter. Unser Honorarsachverständiger Martin Vielhauer hat eigens für PBP einen Leitfaden zu Honorarzonenbestimmung in der TA entwickelt.Beitrag wird in 4 I 2025 fortgesetzt
AUSGABE: PBP 3/2025, S. 6 · ID: 50313951