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Feb. 2025

StrafrechtDie Rechtsprechung im Verkehrsstrafrecht in 2024

Abo-Inhalt13.01.202511 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| Wir haben für Sie die wichtigsten verkehrsstrafrechtlichen Entscheidungen aus dem Veröffentlichungszeitraum 2024 in einer Übersicht in ABC-Form zusammengestellt (Anschluss an VA 24, 33). |

Rechtsprechungsübericht / Verkehrsstrafrechtliche Entscheidungen 2024

beA/elektronisches Dokument

Eine Rechtsmitteleinlegung durch den Angeklagten durch (einfache) E-Mail genügt nicht der gesetzlichen Schriftform gemäß § 32a Abs. 3 StPO, wenn die E-Mail weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der das Dokument verantwortenden Person versehen noch vom Verfasser signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist. Dem Schriftformerfordernis wird aber ausnahmsweise dadurch genügt, wenn die E-Mail ausgedruckt und zur Akte genommen wurde. Aus dem Schriftstück muss dann jedoch der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können (OLG Brandenburg 15.1.24, 2 Ws 187/23, Abruf-Nr. 240786, VA 139).

Befangenheit

Die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags, begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit. Anders liegt es nur, wenn offensichtlich erhebliche Gründe für eine Terminverlegung vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (AG Wuppertal 21.11.24, 24 Cs 224/24, Abruf-Nr. 245278).

Berufungsverwerfung

Eine Verwerfung der Berufung trotz Erscheinens eines Verteidigers mit Vertretungsvollmacht kommt nur unter besonderen Umständen in Betracht, etwa wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Verteidiger es gar nicht zu einer Sachverhandlung kommen lassen will bzw. nicht gewillt ist, den Angeklagten in einer solchen zu vertreten. Nicht ausreichend ist, dass der Verteidiger geltend macht, er verfüge nicht über ausreichende Informationen (OLG Köln 26.9.24, III 1 ORs 162/24, Abruf-Nr. 245765).

Blutprobe/Blutentnahme

Ein Anfangsverdacht nach § 81a Abs. 1 S. 1 und 2 StPO setzt nur voraus, dass zureichende, über bloße Vermutungen hinausreichende, tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Tat vorliegen (AG Ratzeburg 22.12.23, 31a OWi 46/23 jug., Abruf-Nr. 239089, VA 24, 67).

Drogenfahrt

Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es müssen vielmehr neben dem Blutwirkstoffbefund noch weitere aussagekräftige Beweisanzeichen vorliegen. Diese müssen im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers so weit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (st. Rechtsprechung; BGH 24.4.24, 4 StR 90/24, Abruf-Nr. 242244, VA 24, 175).

Entziehung der Fahrerlaubnis, Allgemeines

Hat das AG nach dem insoweit eindeutigen Hauptverhandlungsprotokoll keine Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69a StGB verkündet, reicht weder die Aufnahme der entsprechenden Normen in die angewandten Strafvorschriften noch eine spätere schriftliche Urteilsbegründung, die für die Verfahrensbeteiligten erkennbar Ausführungen zu einer Sperre enthält, aus, um nachträglich die wahre Entscheidung des Amtsgerichts zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Urteilsverkündung aufzuzeigen (BayObLG 6.9.23, 203 StRR 342/23, Abruf-Nr. 239093, VA 24, 48).

Entziehung der Fahrerlaubnis, Verwaltungsrecht
Über die verwaltungsrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis haben wir u. a. in VA 24, 11, in VA 24, 106 und in VA 24, 163 berichtet.

Zuwiderhandlungen, die von einem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StVG begangen werden, sind auch dann gemäß § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG beachtlich, wenn eine verkehrspsychologische Beratung des Fahrerlaubnisinhabers im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung noch nicht abgeschlossen ist (OVG Münster 30.10.24, 16 B 998/23, Abruf-Nr. 245297).

Auch wenn es sich bei einer im Strafverfahren abgegebenen schriftlichen Verteidigererklärung grundsätzlich um eine Prozesserklärung des Verteidigers handelt, die dieser aus eigenem Recht und in eigenem Namen abgibt, und nicht um eine Sacheinlassung des Angeklagten, kann diese Erklärung von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens herangezogen werden, um die Allgemeinheit vor Gefahren durch ungeeignete Kraftfahrer zu schützen (VG Karlsruhe 18.1.2024, 4 K 4372/22, Abruf-Nr. 244382).

Entziehung der Fahrerlaubnis, Voraussetzungen

Hat sich der Beschuldigte zwar zunächst – aus Panik – vom Unfallort entfernt, hat dann aber die Leitstelle der Polizei sehr zeitnah über den Unfall informiert und sich sodann zum Unfallort zurückbegeben und dort dann gegenüber der Polizei den Unfall und seine Beteiligung eingeräumt, liegt keine charakterliche Ungeeignetheit vor, die die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendig macht (AG Itzehoe 27.2.24, 40 Gs 579/24, Abruf-Nr. 240777, VA 24, 119).

Sowohl die vorläufige als auch die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO bzw. § 69 StGB setzen voraus, dass der hiervon Betroffene eine Fahrerlaubnis hat. Eine vorsorgliche Entziehung ist nicht zulässig (LG Mönchengladbach 28.3.24, 24 Qs 34/24, Abruf-Nr. 242934, VA 24, 157).

Entziehung der Fahrerlaubnis, vorläufige

Für die Annahme, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis entzogen werden wird, § 111a StPO i. V. m. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, muss sicher feststehen, dass der Beschuldigte wusste oder wissen konnte, dass ein bedeutender Fremdsachschaden durch ihn verursacht wurde (AG Itzehoe 30.12.2023, 40 Gs 1774/23, Abruf-Nr. 239584, VA 24, 66).

Für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort) ist kein Raum mehr, wenn seit dem Unfall längere Zeit – hier mehr als sechs Monate – verstrichen ist, in der keine weiteren durch den Angeklagten verursachten verkehrsrechtsrelevanten Vorkommnisse bekannt geworden sind, und der Angeklagte als Berufskraftfahrer auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist (AG Bautzen 25.2.24, 40 Ds 620 Js 31577/22, Abruf-Nr. 240257). Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben, wenn seit der vorläufigen Entziehung zwei Jahre und ein Monat verstrichen sind (AG Bad Homburg 12.8.24, 7a Ds 117/24, Abruf-Nr. 245763).

Beantragt die Staatsanwaltschaft nach einer polizeilichen Sicherstellung des Führerscheins nicht zeitnah die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, ist dies keine Umgehung des Richtervorbehalts, die zur Rechtswidrigkeit der Sicherstellung führen würde. Der Beschuldigte ist aber auf die Freiwilligkeit der Herausgabe des Führerscheins hinzuweisen und über die Möglichkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO sowie die Folge der Strafbarkeit nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG im Fall des Führens eines Kraftfahrzeuges zu belehren (LG Hamburg, 19.12.23, 615 Qs 108/23, NZV 24, 238).
E-Scooter

Zu den mit einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter zusammenhängenden Fragen und der vorliegenden Rechtsprechung haben wir ausführlich in VA 24, 15 berichtet. Dazu hat u. a. auch noch einmal das OLG Dresden Stellung genommen (4.11.23, 1 OLG 21 Ss 297/22, Abruf-Nr. 239097, VA 24, 46).

Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)

Ein Fehlverhalten nach Abschluss des Überholens wird nicht von § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB erfasst (BayObLG 22.7.24, 203 StRR 287/24, Abruf-Nr. 243956, VA 24, 158). Ob ein bewusst scharfes Abbremsen unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO, das in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang mit dem Wiedereinscheren in die Fahrspur des Überholten erfolgt, vom Begriff des falschen Überholens im Sinne von § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB noch oder nicht mehr erfasst ist, beurteilt sich danach, ob der Überholer vor dem zu betrachtenden Bremsmanöver zunächst auf die Fahrspur des Überholten mit so ausreichendem Abstand zum überholten Fahrzeug eingeschert ist, dass er den Überholten unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen gefahrenen Geschwindigkeiten nicht behinderte (BayObLG 22.7.24, 203 StRR 287/24, Abruf-Nr. 243956, VA 24, 158).

Ein sog „verkehrsfeindlicher Inneneingriff“, der zur Annahme eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB führt, kann auch durch den Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs in Mittäterschaft begangen werden (BGH 15.8.23, 4 StR 227/23, Abruf-Nr. 239618, VA 25, 82). Der BGH (1.8.24, 4 StR 409/23, Abruf-Nr. 243631) hat noch einmal zur Teilnahme beim unerlaubten Entfernen Stellung genommen. Eine psychische Beihilfe (§ 27 StGB) von zwei Mitfahrern kann danach darin gesehen werden, dass diese sich mit dem Angeklagten, der das Fahrzeug führte, nach einem Verkehrsunfall auf eine gemeinsame Flucht verständigten.

Eine Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung – auch in der Fahrlässigkeitskombination des § 315c Abs. 3 Nr. 2; Abs. 1 Nr. 1a StGB – setzt im Falle einer Gefährdung von Sachwerten Feststellungen dazu voraus, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt und, falls ja, ob der gefährdeten Sache auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (BayObLG 27.11.23, 203 StRR 381/23, Abruf-Nr. 240782). Derzeit ist bei dem „bedeutenden Wert einer fremden Sache“ von einem Grenzwert zwischen 750 EUR und 1.300 EUR auszugehen. Der Maßstab zeigt eher nach oben (AG Wuppertal 12.12.23, 20 Gs 159/23, NZV 24, 405). Ein Kollisionsschaden am gegnerischen Fahrzeug begründet für sich allein keine konkrete Gefährdung von Sachen von bedeutendem Wert (OLG Köln 16.11.23, III-1 ORs 139/23, NZV 24, 350).

Die Feststellung eines nach § 315c StGB tatbestandlichen Gefährdungsschadens erfordert zwei Prüfschritte: Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert gehandelt hat. Wird dies bejaht, ist weiter zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Dabei kann ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein als der allein maßgebliche „überschießende“ Gefährdungsschaden (KG VA 25, 10).
Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr (§ 315 StGB)

Auch ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr erfordert, dass die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es im Sinne eines „Beinaheunfalls“ nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (OLG Köln 19.3.24, III-1 ORs 45/24, Abruf-Nr. 241516). Es gilt also auch hier die umfangreiche „Beinaheunfall-Rechtsprechung“ des BGH. Die allgemeine Erwägung des Tatrichters, in einer Großstadt müsse stets damit gerechnet werden, dass hinter einem Zaun auch Schienen verlaufen können, reicht nicht aus, um einen Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr zu begründen (OLG Köln 19.3.24, III-1 ORs 45/24, Abruf-Nr. 241516, VA 24, 139).

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)

Der Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass durch die Beschädigung eines fremden Fahrzeugs die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt worden ist. Erschöpft sich die Beeinträchtigung in der Beschädigung des fremden Kraftfahrzeugs, scheidet die Anwendung von § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB daher aus (BGH 23.4.24, 4 StR 87/24, Abruf-Nr. 242159, VA 24, 194). Der Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB kann aber auch dann erfüllt sein, wenn die Tathandlung, wie z. B. bei Abgabe eines Schusses im Straßenverkehr, unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung, wie Sachschäden am Kraftfahrzeug des Geschädigten, führt (BGH 23.4.24, 4 StR 87/24, Abruf-Nr. 242159, VA 24, 194).

Nachtrunkeinlassung

Der Rückschluss von einer gemessenen BAK zum Zeitpunkt der Blutentnahme auf die relevante BAK zum Zeitpunkt einer potenziellen (Trunkenheits-)Fahrt ist grundsätzlich möglich, wenn in der dazwischenliegenden Zeit ein regelhafter Verlauf der Blutalkoholkurve unterstellt werden kann. Nachtrunkeinlassungen erschweren diesen Rückschluss zugunsten des Beschuldigten. In geeigneten Fällen kann eine Nachtrunkbehauptung jedoch durch die Ergebnisse einer Doppelblutentnahme widerlegt werden. Allerdings muss für einen solchen Rückschluss die Entnahme der ersten Blutprobe spätestens 45 Minuten nach Trinkende erfolgen (LG Itzehoe 19.2.24, 14 Qs 9/24, Abruf-Nr. 240276, VA 24, 137).

Pflichtverteidiger

Droht dem Beschuldigten im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis der Verlust des Arbeitsplatzes und wäre er daran gehindert, den ausgewählten Beruf bis zu einem etwaigen Wiedererwerb der Fahrerlaubnis auszuüben, wiegt die zu erwartende Rechtsfolge schwer, sodass dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist (LG Itzehoe 2.11.23, 14 Qs 160/23, Abruf-Nr. 239095, VA 24, 64).

Rechtsmittel

Einen Angeklagten, der seine Revision mit der allgemeinen Sachrüge begründen möchte, trifft kein Verschulden an der Nichteinhaltung der Begründungsfrist, wenn ihm die Aufnahme der Begründung zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts verweigert wird, nachdem er am letzten Tag der Frist wenige Minuten vor dem Ende der veröffentlichten Sprechzeit der Geschäftsstelle auf dieser erschienen ist (BayObLG 12.9.24, 201 ObOWi 837/24, Abruf-Nr. 244733).

Sperrfrist

Auch für die Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist für die (Wieder-)Erteilung der Fahrerlaubnis ist Voraussetzung, dass die Anlasstat zu der Führung eines Kraftfahrzeugs durch den Täter oder zumindest einen anderen Beteiligten in Beziehung steht und daraus gewichtige Umstände abzuleiten sind, die den Schluss auf charakterliche Ungeeignetheit erlauben (BGH 31.1.24, 4 StR 205/23, Abruf-Nr. 240198, VA 24, 140).

Strafbefehlsverfahren

Wird ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl verworfen, wird der Strafbefehl rückwirkend mit fruchtlosem Verstreichen der Einspruchsfrist gem. § 410 Abs. 3 StPO rechtskräftig (AG Sigmaringen 5.3.24, 3 Cs 25 Js 5801/23, Abruf-Nr. 240781, VA 24, 158).

Terminsverlegung

Über Anträge auf Terminsverlegung hat der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung der Kammer, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten zu entscheiden. Das gilt auch, wenn ein Termin bereits einmal auf Antrag des Verteidigers verlegt wurde. Der Vorsitzende muss konkret begründen, warum die Verlegung des Termins nicht möglich war, der pauschale Hinweis auf die Terminslage des Gerichts reicht nicht aus (LG Braunschweig 27.11.24, 2b Qs 346/24, Abruf-Nr. 245301). Für eine Ablehnung ist eine konkrete verfahrensbezogene Begründung erforderlich (LG Braunschweig 27.11.24, 2b Qs 342/24, Abruf-Nr. 245300).

Trunkenheitsfahrt, Allgemeines

Eine Umrechnung von Atemalkohol in Blutalkohol ist wissenschaftlich nicht gesichert, sodass erst recht keine exakte Konvertierung möglich ist (KG 6.9.23, 2 ORs 29/23, Abruf-Nr. 240274, VA 24, 136).

Trunkenheitsfahrt, Fahruntüchtigkeit
Ein Erfahrungssatz, dass ein Übersehen des auf der linken Fahrspur fahrenden Fahrzeugs bei einem Fahrstreifenwechsel ein typisch alkoholbedingter Fahrfehler ist, besteht nicht (OLG Köln 16.11.23, III-1 ORs 139/23, NZV 24, 350).
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Allgemeines

Ein allgemein zugänglicher privater Parkplatz gehört zum räumlichen Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs (OLG Naumburg 6.5.24, 1 ORs 38/24, Abruf-Nr. 242082). Es ist aber nicht jeder Unfall schon deshalb ein „Unfall im Straßenverkehr“ im Sinne des § 142 StGB, weil er sich im öffentlichen Verkehrsraum ereignet hat. Vielmehr setzt die Annahme eines „Verkehrsunfalls“ nach dem Schutzzweck der Norm des § 142 StGB einen straßenverkehrsspezifischen Gefahrenzusammenhang voraus. In dem „Verkehrsunfall” müssen sich gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben. Dieser erforderliche straßenverkehrsspezifische Zusammenhang ist aber auch dann gegeben, wenn sich die Gefahr verwirklicht hat, die dadurch entsteht, dass sich ein Fußgänger auf einem Supermarktparkplatz im räumlichen Bereich der dort abgestellten Kraftfahrzeuge bewegt, etwa, um zu seinem Fahrzeug zu gelangen (OLG Naumburg 6.5.24, 1 ORs 38/24, Abruf-Nr. 242082). Bei einem Schaden durch „panisches“ – hier: infolge einer schweren Arachnophobie getätigtes – Öffnen der Türe eines in einem Parkhaus stehenden, ausgeschalteten Kraftfahrzeugs liegt ein Bezug zum Bild des Unfalls im Straßenverkehr fern; in diesem Sinn hat sich keine straßenverkehrsspezifische Gefahr verwirklicht (AG Calw 7.3.24, 8 Cs 33 Js 364/24, Abruf-Nr. 242073). Die erforderliche Verknüpfung des Schadensereignisses mit einem Verkehrsgeschehen ist jedenfalls zu verneinen, wenn sich das Verhalten schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild als Auswirkung einer deliktischen Planung, wie sie an beliebigen anderen Orten mit beliebigen anderen Mitteln auch durchführbar wäre, darstellt (BGH 20.6.24, 4 StR 15/24, Abruf-Nr. 243629).

Der Vorsatz des Täters nach § 142 StGB muss sich darauf beziehen, dass ein Unfall stattgefunden hat und dass der Schaden nicht ganz unerheblich war (BayObLG 27.11.23, 203 StRR 381/23, Abruf-Nr. 240782).

Setzt der alkoholisierte Täter nach einem Streifvorgang seine Fahrt ohne Unterbrechung fort, bedarf eine Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr tatsachenfundierter Feststellungen zum Bemerken des Streifvorgangs und zum Vorstellungsbild bezüglich des Umfangs des Schadens und der Fahrtüchtigkeit (BayObLG 27.11.23, 203 StRR 381/23, Abruf-Nr. 240782).

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Entziehung der Fahrerlaubnis

Der Wert, ab dem ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB anzunehmen ist, liegt inzwischen bei 1.800 EUR (LG Bielefeld 2.2.24, 10 Qs 51/24, Abruf-Nr. 240275). Lässt sich aus der Verfahrensakte nicht ermitteln, wie die Schadenshöhe eines bei einem Verkehrsunfall verursachten Schadens ermittelt wurde, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Schaden über der Erheblichkeitsgrenze liegt. Damit entfällt eine Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis (AG Itzehoe 27.2.24, 40 Gs 579/24, Abruf-Nr. 240777, VA 24, 119).

Unterschrift

Zu den Anforderungen an eine wirksame Unterschrift unter Urteil, Strafbefehl oder Verfügung hat das BayObLG Stellung genommen (19.11.24, 204 StRR 576/24, Abruf-Nr. 245281).

Urteilsfrist

Das Ablegen eines Urteils im Ordner „Geschäftsgang“ genügt nicht, um ein Dokument in einer elektronischen Akte zu dieser zu bringen (§ 275 StPO) (OLG Düsseldorf 4.7.23, 3 RBs 10/23, Abruf-Nr. 240787).

Zustellung
Neuere Rechtsprechung zur Zustellung haben wir in VA 24, 197 vorgestellt.

AUSGABE: VA 2/2025, S. 33 · ID: 50264525

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